erleichtert
stimmenden Anredeform verändert sich mir auch dieser Garten
selbst, gewinnt etwas von einem Refugium und macht zugleich
darauf aufmerksam, daß sich ausgerechnet diese Gartenszene als
Ausgangsbild der Kampfaktionen festgesetzt hat (von der
ganzen Vorgeschichte ist mir nichts mehr erinnerlich).
Was also tun? Neue
Beschreibungsformen für diese weithin schemenhaft bleibenden
Vorgänge entwickeln, für das vage Raum- und Selbstgefühl und die
meist nur partiell einzulösenden Wortbedeutungen? Wäre das nicht
übertrieben? Ist es nicht eher so, daß bei der Wiedergabe
von Erinnerungen einige fundamentale Unzulänglichkeiten
der Sprache nur besonders kraß hervortreten? Wird nicht schon
syntaktisch durch die Zuordnung von Subjekt und
Prädikat sowie semantisch durch die immer nur mehr oder
minder fest umrissenen Bedeutungsinhalte
der Wörter ein von vornherein widersprüchliches Gebilde
vorgelegt, das sich wohlgeordnet gibt und auf das
gleichwohl die Vorstellungskraft eines jeden Lesers anders
ansprechen muß? Und ist diese doppelte Ungenauigkeit
nicht der Preis für eine weithin mögliche
Allgemeinverständlichkeit? So daß man die besonders
sinnfällige sprachliche Brutalität
bei der Wiedergabe von Kindheitserinnerungen allenfalls
durch eine „perspektivisch” bewußte
Darstellungsweise dämpfen könnte?
Reflektiert und schlicht zugleich hätte ihre Sprache zu sein,
müßte sich vor allem im Vokabular und auch
im Satzbau auf die mentale Einfalt der erinnerten
Lebenszeit und deren Vokabular einlassen. Dies um so
inniger, als die weithin verklungenen
Bezeichnungen, etwa die wechselnden kindlichen
Anredeformen für die Eltern, ihrerseits eine
erinnerungsträchtige Magie bewahrt
haben dürften.
*
Nach all diesen
Vorüberlegungen begann ich sogleich, meine Kindheitserinnerungen
systematisch aufzuzeichnen. Wo sich etwa eine
(räumlich-)serielle Erinnerung anbot, war sie als solche
beschrieben, doch unter Beachtung der in ihr sich
anmeldenden Einzelszenen, die – wie zuletzt das
Kartenspielen oder die Lektüre unserer
„Heftchen” – noch hinsichtlich ihrer möglichen
Eigenständigkeit zu betrachten waren. Dabei
zeichnete sich schon bald ab, daß die Unterscheidung
zwischen serieller und singulärer
Erinnerungsszenerie eher
idealtypischen Charakter hat, daß
unterschiedliche Einzelerinnerungen den einen seriellen
Hintergrund immer wieder durchscheinen
lassen können und daß umgekehrt so mancher Impuls, der von einer
seriellen Erinnerung ausgeht, dann doch
nicht mehr szenisch lebendiger einzulösen ist,
vielmehr eingebettet bleibt in jenen umfassenderen
Wahrnehmungshintergrund, der, immerhin,
so noch letztes schwaches Zeugnis von dem Verschollenen
ablegen kann.