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VI Germanistisches
ERINNERUNGSSPRACHE

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er­leich­tert stim­menden Anredeform verändert sich mir auch dieser Garten selbst, gewinnt etwas von einem Refugium und macht zu­gleich darauf aufmerksam, daß sich ausgerechnet diese Gartenszene als Aus­gangs­bild der Kampfaktionen festgesetzt hat (von der ganzen Vorge­schichte ist mir nichts mehr er­in­ner­lich).


Was also tun? Neue Beschreibungsformen für diese weithin schemenhaft bleibenden Vorgänge entwickeln, für das vage Raum- und Selbstgefühl und die meist nur partiell einzulösenden Wortbedeutungen? Wäre das nicht über­trie­ben? Ist es nicht eher so, daß bei der Wiedergabe von Erinnerungen einige fundamen­tale Un­zu­läng­lich­kei­ten der Sprache nur besonders kraß hervortre­ten? Wird nicht schon syntaktisch durch die Zu­ord­nung von Sub­jekt und Prä­dikat sowie seman­tisch durch die immer nur mehr oder minder fest umrisse­nen Be­deu­tungs­in­hal­te der Wörter ein von vornherein widersprüchliches Ge­bilde vorgelegt, das sich wohl­ge­ord­net gibt und auf das gleichwohl die Vorstellungskraft eines jeden Le­sers anders ansprechen muß? Und ist diese dop­pel­te Un­ge­nau­ig­keit nicht der Preis für eine weithin mögliche Allgemeinverständlichkeit? So daß man die be­son­ders sinn­fäl­li­ge sprach­li­che Bru­ta­li­tät bei der Wiedergabe von Kindheits­erin­nerungen allenfalls durch ei­ne „per­spek­ti­visch” bewußte Dar­stel­lungs­wei­se dämp­fen könnte? Reflektiert und schlicht zugleich hätte ihre Spra­che zu sein, müß­te sich vor al­lem im Vo­ka­bu­lar und auch im Satzbau auf die mentale Einfalt der er­in­ner­ten Le­bens­zeit und de­ren Vokabular einlassen. Dies um so in­ni­ger, als die weit­hin verklun­genen Bezeichnungen, et­wa die wech­seln­den kindlichen An­redeformen für die Eltern, ihrerseits ei­ne er­in­ne­rungs­träch­ti­ge Magie be­wahrt ha­ben dürf­ten.


*

 


Nach all diesen Vorüberlegungen begann ich sogleich, meine Kind­heits­erin­ne­rungen systematisch auf­zu­zeich­nen. Wo sich etwa ei­ne (räumlich-)serielle Erin­nerung anbot, war sie als sol­che beschrieben, doch un­ter Be­ach­tung der in ihr sich anmeldenden Ein­zel­sze­nen, die – wie zu­letzt das Kartenspielen oder die Lek­tü­re un­se­rer „Heftchen” – noch hinsichtlich ihrer möglichen Ei­gen­stän­dig­keit zu be­trachten waren. Dabei zeich­ne­te sich schon bald ab, daß die Unterschei­dung zwischen se­rieller und sin­gulä­rer Er­in­ne­rungs­sze­ne­rie eher ide­al­ty­pi­schen Cha­rakter hat, daß unterschied­liche Einzelerinnerungen den ei­nen seriellen Hin­tergrund im­mer wie­der durch­schei­nen lassen können und daß umgekehrt so mancher Impuls, der von einer se­riel­len Er­in­ne­rung aus­geht, dann doch nicht mehr sze­nisch le­ben­di­ger einzulösen ist, vielmehr eingebettet bleibt in je­nen um­fas­sen­de­ren Wahr­neh­mungs­hin­ter­grund, der, im­mer­hin, so noch letztes schwa­ches Zeugnis von dem Ver­schol­le­nen ab­le­gen kann.


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