VORWORT
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einem offenen
Brief Assheuer vor, „im Auftrage Dritter”
geschrieben und „übertrieben aufgetragen”
zu haben und wandte sich zugleich gegen Habermas,
dessen „liberale Maske” im Konflikt
zerfalle und mit dessen Aktion die Frankfurter „Kritische
Theorie” zu Grabe getragen worden sei.6
Habermas selber reagierte nur mit einem
Leserbrief und ging in seinem zwei Jahre später
veröffentlichten Buch Die
Zukunft der menschlichen Natur
(2001) auf diese Polemik nur indirekt mit
einem nicht ausgewiesenen
Sloterdijk-Zitat ein, wenn er von den
„nietzscheanischen Phantasien der
Selbstdarsteller” spricht, die im ‘Kampf zwischen
den Kleinzüchtern und den Großzüchtern des Menschen’
den ‘Grundkonflikt aller Zukunft’
sehen”.7
Es war dies eine
sehr persönlich gehaltene und verletzende Debatte. Bei
einer so radikalen, nichts Geringeres als eine
Wesensumwandlung des Menschen
thematisierenden Problemstellung kann es
vielleicht schwerlich anders sein. Weshalb jeder
Teilnehmer gut daran täte, sich den Fragen behutsam
über die relevanten
philosophisch-anthropologischen Vorarbeiten
anzunähern und immer auch den eigenen
(Ausgangs-)Standpunkt offenzulegen. Was
Habermas in seinem Buch dann übrigens tat, indem er
sich zu den „Prämissen des nachmetaphysischen Denkens”
bekannte.8
Von diesen heuristischen,
geistesgeschichtlich freilich zu begründenden
Prämissen, die also jede Art von
transzendenter und speziell religiöser
Verpflichtung ablehnen, gehe auch ich aus, habe jedoch – wie
erwähnt – einen anderen Zugang zu der Problemstellung
als Habermas. Seinen strikt „gattungsethischen”
anthropologischen Ansatz möchte
ich ebenso wie die gleichfalls postmetaphysische,
jedoch für Experimente aufgeschlossenere
Position von Sloterdijk zunächst erörtern, um
das Aufkommen dieser Fragestellungen
dann durch die Geschichte der neuzeitlichen
(Philosophischen) Anthropologie
zu verfolgen.
7 Jürgen Habermas, Die Zukunft der menschlichen Natur. Auf dem Wege zu einer liberalen Eugenik? Frankfurt/Main 2001. Ich zitiere nach der vierten, erweiterten Auflage von 2002. (Zitat S. 43)