Morgens
fahren wir in
unserem Reisebus zu der
gut 40 km nordöstlich von Xian gelegenen Ausgrabungsstätte der
Terrakotta-Armee. Auf der Schnellstraße überholt unser Fahrer
wieder einmal etliche bizarr überladene, oft nur aufs Notdürftigste
durch Seile oder Netze gesicherte Gefährte, darunter den links
abgebildeten LKW mit einer Sackladung von Luftröhren (für
Hundefutter?). Nach einem Bagatellunfall mit zwei Autos, die sich
soeben – wie die chinesische Redensart lautet – "geküßt"
haben, blockiert Minuten später ein umgekippter überladener
Kleinlaster die rechte Fahrspur. – Unserem Busfahrer
droht am nächsten Tag selber ein schrecklichen Unfall, als im
städtischen Verkehrsgewühl von Xian sich ein rücksichtsloser
Mopedfahrer mit Kind zwischen die Autos quetscht und den Busfahrer zu
einer Notbremsung zwingt. Einer von uns zieht sich dabei eine
kleine Platzwunde zu.
In den
letzten Jahren soll es in China durchschnittlich 50.000 Verkehrstote
jährlich gegeben haben. Jeder Tourist sollte unbedingt den Hinweis
beherzigen, dass selbst Zebrastreifen
nicht respektiert werden. Gegen diese
anarchischen Zustände scheint man inzwischen entschlossener
vorzugehen; so sehen wir in Xian vereinzelt Monitore an
Zebrastreifen, auch leuchten vor etlichen Mautstellen die Kennzeichen
von Autofahrern auf, die sich sogleich wegen eines Verkehrsverstoßes
zu verantworten haben.
Gleichwohl
kann an innerstädtischen Kreuzungen und Einbiegungen in jedem
Moment, auch bei Ampelverbot, ein um die Ecke abbiegendes Fahrzeug
herangeschossen kommen. Eine besondere Gefahr stellen neben den
Elektrofahrrädern die diversen bis zu 80 km schnellen
Elektro-Roller dar,
die kaum zu hören und in der Dunkelheit – oft unbeleuchtet - erst
spät zu sehen sind. Meist teilen sie sich mit den Fußgängern
denselben Seitenstreifen, auf dem sich dann auch noch Taxis einfinden
können. Die E-Roller tragen in China schon den Übernamen "Der
Leise Tod" und sind in manchen Städten verboten.
Bei einem angefahrenen Fußgänger
wird die Schuld prinzipiell beim Autofahrer gesucht. Seit kurzem
bauen viele Fahrer Frontkameras in ihre Fahrzeuge ein, da es
zunehmend Fußgänger gibt, die im letzten Moment vor ein relativ
langsam daherkommendes Auto springen und mit der Behauptung,
angefahren worden zu sein, Schmerzensgeld ergattern wollen.
Entsetzlicher noch als die Verkehrsunfälle selber ist die in
jüngster Zeit durch Überwachungskameras dokumentierte
Teilnahmslosigkeit
vieler Passanten, die sogar an
Schwerverletzten einfach vorübergehen. Diese werden deshalb mitunter
noch ein weiteres Mal überfahren – genau
so erleidet Tage nach unserem Xian-Besuch ein Kleinkind in der
Provinz Guangzhou den Tod.
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