Quellen: www.tree-pictures.com/sequoiatree.jpg https://en.wikipedia.org/wiki/File:Sequoia_trees.JPG
Bald nach
dem Einchecken ins Fresnoer Hotel brechen wir wieder auf und fahren
eine gute Stunde lang auf die hellen Gipfelzacken der Sierra
Nevada
beim Mount Whitney zu. An der Westflanke dieses höchsten Berges der
USA biegen wir in den auf 1800 Metern liegenden Giant Forest ein, der
zum Sequoia-Nationalpark
gehört. Wir Nachkriegskinder in Deutschland bekamen diese
Mammutbäume, die neben bestimmten Pinien und Wacholderbäumen
zu den ältesten Lebewesen der Erde gehören, auf Fotos der 1950er
Jahre manchmal als Tunnelbäume zu sehen – mit ausgeschnittenen
Stammansätzen, die soeben von Autos oder Fußgängern durchquert
wurden. Diese Fotos gehören wohl für viele von uns zu den
seelischen Urbildern der übermächtig gewordenen Vereinigten
Staaten.
Dazu
gehört auch Hitchcocks Film ,Vertigo’
(1958),
der an den Jahresringen einer gut 1000-jährigen Sequoia sempervirens
die relativ kurze Spanne eines Menschenlebens drastisch
vorführt. Sinnigerweise ist es die in der Vergangenheit sich
verlierende Madeleine/Judy, die, schwarz behandschuht, auf
der riesigen abgeschnittenen Stammscheibe mit dem Finger über den
schmalen Jahresringabschnitt zwischen 1831 und 1857 hinfährt,
den Zeitraum ihres vermeintlichen Vorlebens. Gleich danach sieht es
einige Zeit lang für „Scottie” Ferguson so aus, als hätte sich
Madeleine zwischen den Sequoias in Luft aufgelöst.
Die Lebensdauer dieser Giganten
erklärt sich daher, dass die Sequoias wegen der bis zu 60 cm dicken
harzfreien Borke und des bis zu 30 Meter hochliegenden Astansatzes
sehr feuerresistent sind; außerdem können ihnen wegen ihres hohen
Tanningehalts Borkenschädlinge nichts anhaben. Die hier
lebenden Indianer allerdings, die sich von den Geistern ihrer in
diesen Wäldern hausenden Ahnen beschützt glaubten, waren ein
Jahrzehnt nach der Entdeckung der Mammutbäume durch die Weißen (in
den 1850er Jahren) ausgerottet, da sie gegen
Krankheiten wie Pocken und Masern nicht immun waren und zudem nicht
versorgt wurden.
Etliche der
gewaltigsten Sequoias hat man nach Generälen der amerikanischen
Bürgerkrieges oder Politikern benannt und nur vereinzelt nach
Geistesriesen (Euklid, Newton). Einer der Giganten heißt seit 1931
„Chief
Sequoyah”,
nach dem Erfinder der Cherokee-Schrift, dem Sohn einer Cherokee und
eines eingewanderten deutschen Händlers. Ihm zu Ehren hatte
wahrscheinlich der österreichische Botaniker Stephan Endlicher
schon 1847 den „Redwoods” ihren botanischen Namen Sequoia
(sempervirens) verliehen.
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