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ERSTER LEBENSRAUM: ERINNERUNGSAUTOMATISMUS ENTLANG DEN ERLEBNISSZENEN

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Mäd­chen mit den Streichhölzern’ vor mir <beide Mädchen, wie ich erst in diesem Augenblick bemerke, sind wie die klei­ne Gitti von tödlicher Kälte bedroht!>. Noch einige Meter weiter zurück zu Omas Haus hin wartet schon der Eis­<!>ver­käu­fer mit einem überbauten Dreirad <um 1952?> oder auch mit seinem VW-Transpor­ter <um 1955?>, dies je­weils von der großelterlichen Wohnung aus betrachtet. Und wieder­um ein paar Schritte näher zum Haus hin schei­ne ich in einem Kinderwagen zu liegen und erblicke daraufhin ein großes Gesicht über mir. Wobei die Szene ei­nen Mo­ment später aus der Perspektive dessen gesehen wird, der sich über den hellen Kinderwagen beugt <eine ab­sur­de Montage aus Gefühl und Blick, die noch zu er­läutern wäre>. Gleich neben dieser Stelle ist auf dem Stra­ßen­pfla­ster mit weißer Kreide das Ziffernkästchen unseres Hin­kelspiels ,Him­mel und Hölle’ <um 1952/53?> zu se­hen. Et­wa fünf Schritte weiter tauschen wir Jungen <wohl um 1954/55> die bunten frappierenden Karl-May-Bild­chen aus der ,Co­co-Nuß’-Serie ...


Das war die kurze Wegstrecke auf der „linken” Seite des von Häusern umstande­nen Rondells, dessen Durch­mes­ser sich auf kaum 30 Meter beläuft. Der dabei immer spürbare Bezugspunkt ist das Haus der Groß­el­tern, in dem ich drei Jahre lang (bis Mai 1949) aus und ein ging, als wir Flüchtlinge im Nebenhaus ein Zim­mer be­wohn­ten. Und auch später, vor allem als 10-12jähriger, kehrte ich dorthin mit dem Fahrrad immer wie­der zum Spie­len zurück. Die unmittelbare Umge­bung des Hauses ist darum be­sonders dicht mit Er­in­ne­rungs­bil­dern be­legt. Je weiter ich mich von diesem Zentrum entferne, desto größer werden die Zwi­schen­räu­me ohne ei­gent­li­che Erinnerung (dort hielt ich mich ja auch seltener auf) und desto öfter treten Auf­fäl­lig­kei­ten in Stra­ßen­füh­rung oder Häuserbau an die Stelle eigener Erleb­nisszenen. Zudem drängt sich mit zu­neh­men­der Ent­fer­nung und Erlebnisleere leicht etwas sehr viel später Gesehenes und Erlebtes in den Zeit­raum „Kind­heit” ein. Daß die­ser aber im Zentrum beinahe ohne störende Einmischung anderer Le­bens­zei­ten zur Erinnerung kom­men kann, dürf­te im we­sentlichen dem erwähnten visuellen Automatismus zu ver­dan­ken sein: Ver­setzt man sich in ei­ne bestimmte Erinnerungszeit, sei es „Kindheit”, „späte Jugend” oder „Ge­gen­wart”, hält sich die ein­mal in Gang ge­setzte Raumerkundung trotz der ihr möglichen „Schwenks” ziem­lich ver­läß­lich in der ge­wähl­ten Zeit­di­men­sion durch. Trotz kleinerer räumlich-szenischer Sprünge ta­stet sie sich stre­cken­wei­se und mit „ei­ge­nem”, im­mer mit erscheinendem Hori­zont vor, läßt sich des­halb auf bau­li­che und an­dere Ver­än­de­run­gen kaum ein­mal ein und blockiert da­durch die dazugehörigen Er­in­ne­rungs­sze­nen jener anderen Zeit­räu­me.


Wie zu sehen war, mischen sich aber gerne Phantasievorstellungen in die Er­lebnisszenen ein, oft Le­se­ein­drü­cke, die sich auf as­so­zi­a­ti­vem Wege mit be­stimmten Szenen verknüpft haben. Warum und zu welchem Zeit- 


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