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BESUCHE:  WIEDERSEHEN  UND  -ERKENNEN  NACH  JAHRZEHNTEN

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Nach 44 Jahren besuchte ich meinen Erst- und Zweitklaßlehrer, den ich in der Erinnerung nur noch vage zu be­schrei­ben wußte: „Er ist jung und ist ernst. Ich fühle mich bei ihm wohl. Er trägt ein helles Sakko und hat ge­well­tes dunk­les Haar.” Monate vor meinem Besuch hatte mir einer sei­ner langjährigen Kollegen Schulphotos zu­ge­sandt, auf de­nen ich ihn oh­ne weiteres erkannte.

   Ob­gleich mir dann nicht ein­mal die Stimme dieses Lehrers, der sich als „Slo­wakendeutscher” bezeichnete, be­kannt vor­kam, glaub­te ich während des Be­suchs „empfunden zu haben, inwiefern ich mich damals bei ihm wohl­fühl­te: daß er wohl­wol­lend und großzügig war”. Das war schon beinahe alles, was ich so­gleich nach dem Be­such zu sei­ner Aus­strah­lung notierte, und behauptete damit doch nichts Geringeres als eine emotio­nale We­sens­nä­he, das Wiederverspürtha­ben eines uralten und für mich le­bens­wichtigen Vertrauens, von dem er bei mir nichts ein­ge­büßt hät­te, was auch immer ich mir im einzelnen über seinen Werde­gang als ehemaliger „Flücht­lings­leh­rer” in ei­nem dörf­lich-katholischen Milieu denken mochte. – Wochen später erst erkannte ich sei­ne im Ge­spräch er­wähn­te Art, uns die Buchstaben mit Hilfe einer lautnahen Gebärdensprache beizubrin­gen, be­stimmt wie­der. Allerdings kann oder vielmehr mag ich nachgerade nicht mehr unterscheiden, ob ich ein auf die Dorf­schu­le pro­ji­zier­tes Phantasiebild, das ihn undeutlich und alterslos bei der Ausführung dieser Gebärden zeigt, noch von seiner jüngsten Demonstration her dorthin übertragen habe, oder ob dies ein al­tes, erst jetzt wie­der in mir er­weck­tes Erinnerungsbild ist.


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Gut zwei Jahrzehnte nach dem Abitur stattete ich meinem letzten und hochge­schätzten Klassenleh­rer, mit dem ich den Fächern Deutsch, Religion und Philo­sophie so manchen Strauß gefochten hatte, einen Besuch ab und übergab ihm da­bei mein jüngstes Buch über den Verfasser des ersten „nihili­stisch”-atheistischen Buchs der Moderne! Das sollte wirklich keine provoka­tive Geste sein, setzte aber in der Sache ohne weiteres unsere da­ma­li­gen Streit­ge­sprä­che fort. Auch diesmal glaubte er sich wieder mit sanftem Tadel gegen eine re­li­gi­ons­kri­ti­sche Bemerkung von mir ver­wahren zu müssen.


Ich hatte mich nicht angemeldet, klingelte einfach an seiner Haustür und brachte mich in Erinnerung. Er schien doch stärker erfreut als überrascht zu sein und bemerkte beim Abschied, daß ein solch unangemeldeter Be­such im Grunde das beste sei. Seine Frau versorgte uns mit Kaffee und Kuchen und ließ uns dann allein. Er war seit ei­ni­gen Jah­ren pensioniert und hatte zuletzt ein Gymnasium in der Nachbarstadt geleitet. Meinen Aus­füh­run­gen zum damaligen, mich beson­ders in der Unterstufe so bedrückenden Schulleben widersprach er nicht und äu­ßer­te sich auch nicht zu einzelnen Kollegen. Wie bald deutlich wurde, konnte er sich an be­stimm-


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<Der weitere Text folgt alsbald ...>

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