Bildquellen: https://i0.wp.com/bitaboutbritain.com/wp-content/uploads/2017/04/Glasgow_Cathedral-04.jpg https://dimg.visitscotland.com/wsimgs/BC_Int_2021-03-26_BC211_001Th_2041608868.jpg www.thetimes.co.uk/imageserver/image/%2Fmethode%2Ftimes%2Fprod%2Fweb%2Fbin%2F0143ce66-aeb7-11ec-8b8c-0207c0fd6104.jpg?crop=1600%2C900%2C0%2C0&resize=1200 Foto der Reklametafel von mir (H.F.)
Fr. 30.7.93) Wir verlassen Taynuilt und treffen gegen Mittag in Glasgow ein, der Kulturhauptstadt von 1990. Vom Hotel aus fahren wir sogleich einige Meilen bis in die Innenstadt und gehen zunächst zu der gotischen St.-Mungo‘s-Kathedrale. Erbaut zwischen dem 13. Und 15. Jh., ist sie eng mit der Stadtgeschichte verflochten, entwickelte sich doch aus einer um 600 über dem Grab des keltischen Missionars Mungo errichteten Kirche die Siedlung und spätere Stadt Glasgow. Einige Symbole dieses Patrons von Glasgow befinden sich auch im Wappen der Stadt, und sein Grab liegt in der Krypta der Kathedrale. Der Altarraum (Hochchor) mit seiner auf das 14. Jh. zurückgehenden Holzdecke gilt zu Recht als ihr schönster Bereich. In der Kathedrale ist soeben ein geschickter Menschenfischer am Werk, der mit einer Handvoll Glaubensbrüdern seinen Gottesdienst genau dort abhält, wo die Touristen aus einem Seitengang heraustreten und sich dann in langer Reihe interessiert oder zur Erholung auf die Randbänke setzen. – Der nebenan gelegene viktorianische Friedhof „Glasgow Necropolis“ ist wegen Renovierungsarbeiten nicht zugänglich.
Glasgows Reichtum verdankte sich den Tabakbaronen und Sklavenhändlern. Zur hohen Zeit der „Tobacco Lords“ erhielt 1751 Adam Smith, Verfechter des Freihandels, in Glasgow eine Professur der Moralphilosophie. Als ‚The Wealth of Nations‘ 1776 erschien, sank der Stern jener Lords durch die amerikanische Unabhängigkeitserklärung. Adam Smith war mit James Watt befreundet, der 1757 Instrumentenmacher an der Universität Glasgow wurde und später mit dem Bau von Dampfschiffen Clydeside zur größten Werft weltweit machte; Glasgow stiftete ihm wie auch Adam Smith ein Denkmal.
Zum ersten Überblick über die Infrastruktur der Stadt nehmen wir wieder unseren Citroën und kommen immer wieder an schäbigen Wohntürmen, Slums sowie Industrieruinen vorbei. Beinahe wohltuend nach all der architektonischen Tristesse ist der Anblick der hier regen Abbrucharbeiten, doch gibt es auch Lichtblicke wie die witzige Lemon-Sprite-Reklame. An einer belebten Straße steigen wir aus. Aus einer der vielen schuhkartongleichen Eckkneipen kommt ein Zecher und rempelt mich an – ohne das „Sorry!“, das man sonst schon zu hören bekommt, wenn einem jemand im Gedränge nur einen halben Meter nahegekommen ist. – Gut 20 Autominuten vom Zentrum entfernt liegt im Pollok Country Park das 1983 von einem Reeder gestiftete Gebäude der Burrell Collection. Das Gebäude und die kluge lockere Anordnung der Gemälde insbesondere aus dem 19. Jh. lassen beinahe vergessen, dass man es hier zugleich mit einem Sammelsurium höherer Art zu tun hat: Chinesische Kunst von der Jungsteinzeit bis zum 18. Jh. (darunter ein Pfeilköcher aus Jade), flämische Gobelins, deutsche Waffen und Uhren, griechische Amphoren, ägyptische Skulpturen und schottische Portale. Hinterher nehmen wir in der wunderschönen Cafeteria Platz.
Stilsicherer das in der Nähe liegende, von William Adams erbaute klassizistische Herrenhaus „Pollok House“, das vor allem wegen seiner Privatsammlung spanischer Meister bekannt ist. Es empfiehlt sich, auch die anderen Räume mit ihrem eleganten Mobiliar zu durchlaufen, speziell den mit Zedernholz verkleideten Rauchersalon. Fernöstliche Überraschungen erwartet den Besucher freilich auch hier, so in einem Gästezimmer die handbemalten chinesischen Seidentapeten. Als wir fortgehen, formiert sich im Gartenpark soeben eine Hochzeitsgesellschaft mit Männern im Kilt.
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