Quellen: http://3.bp.blogspot.com/-4PX3hMZaMRM/Uuiq2d_s-1I/AAAAAAAAFa8/zEkZFNjgHTA/s1600/017+-+Copy.JPG https://photopedia.info/bilder/gross/Archaeologisches_Museum_Olympia_0025.jpg https://farm1.staticflickr.com/844/41691594960_23bc2516fc_b.jpg
Wir
setzen unseren Rundgang fort und besichtigen zunächst südlich von
der Altis das gewaltige, noch von über 100 ionischen
Säulenbasen umringte Gästehaus des Leonidaion
sowie die Ruinen des angrenzenden Bouleuterion
(des Sitzes des olympischen Rates und Stätte des
olympischen Eides).
Wieder nordwärts an
der Werkstatt des Phidias vorbei gelangen
wir zu dem um 600 v. Chr. erbauten dorischen Hera-Tempel,
einem der ältesten Gebäude des Heiligen Bezirks. Die
archaisch-gedrungenen Säulen sind nicht
original, denn im Laufe der Jahrhunderte mussten
immer wieder Steinsäulen an die Stelle der verrottenden
alten Holzsäulen gesetzt werden. Die Steinsäulen
unterscheiden sich im Durchmesser, in der Anzahl der Trommeln
und ihrer Kanneluren; ebenso wie
die unterschiedlich gestalteten Kapitelle erlaubten sie gute Aufschlüsse
zur Stilgeschichte des griechischen Tempelbaus.
Wenige
Schritte östlich des Tempels lag der Opferaltar
der Hera, an dem eine Priesterin mit einem
Brennspiel auch das olympische Feuer entzündete. Dieses Ritual wurde
in der Neuzeit erst wieder für die Olympischen Spiele von
1928 am Austragungsort Amsterdam eingeführt. Einen Fackellauf, seit
den Berliner Spielen von 1936 üblich, gab es in Olympia nicht, nur
bei anderen Wettkampfspielen wie den Panathenäen oder den Prometheen zu Ehren des Feuerbringers Prometheus.
Im Heraion befand
sich auch die bis heute allseits gepriesene, von Pausanías um 170 n.
Chr. in seiner Beschreibung
Griechenlands jedoch
nur in einem dürren Nebensatz aufgezählte Statue
des Hermes:
„Später
stellte man auch andere
Statuen im Heraion auf, so einen Hermes aus Marmor, er trägt den
noch unmündigen Dionysos und ist ein Werk des Praxiteles”
(V 17, 3; a.a.O.,
Bd. 1, S. 268). Der Schutzgott der Reisenden und Gott der Diebe hält dem künftigen
Gott des Weines, den er vor der eifersüchtigen Hera zu den Nymphen
in Sicherheit bringen soll, vermutlich eine Weintraube oder
ein Traubenbüschel hoch entgegen.
Bei diesem Neckspiel blickt der mild lächelnde, im Kontrapost
dastehende Götterbote rätselhaft sinnend, wie träumerisch oder divinatorisch zur
Seite.
Praxiteles
schuf die Rundplastik um 340 v. Chr.; wahrscheinlich Anfang des 4.
Jh. n. Chr. wurde das Tempeldach des Heraion durch ein Erdbeben
zerstört, wobei Hermes und das Dionysosknäblein mehrere
Gliedmaßen verloren. Dank einer dicken Lehmschicht wurden
ihre Relikte allerdings vorzüglich konserviert. So war die Freude
groß, als die deutschen Ausgräber im Mai 1877 in einer
Seitenschiffnische der Cella sukzessive die
Marmorstatue des Hermes (in Fall-Lage) und daneben den
mit seinem Mantel drapierten Baumstamm sowie das Dionysoskind
vorfanden. Ihren Fund sahen sie sogar durch Pausanias' Angaben
bestätigt (vgl. den
enthusiastischen Bericht des
Archäologiestipendiaten Friedrich v. Duhn, der den Grabungsleiter
Gustav Hirschfeld sofort zu einem Abgleich mit Pausanias anregte,
wodurch zugleich das Heraion als Fundort identifiziert
werden konnte). Schon bald jedoch kam die Frage auf, ob dies
nicht eher eine Replik etwa aus dem späten 1. Jh. n.
Chr. sein müsste, da die Rückenpartie des Hermes nicht makellos sei
und man auch die – für das getragene Knäblein
freilich nötige – stegartige Verbindung
mit dem Baumstumpf, auf den der Götterbote sich stützt, als störend
empfand. Andere Forscher hingegen, die weiterhin in Praxiteles den
Schöpfer der Skulptur sahen, hielten lediglich eine
Überarbeitung in römischer Zeit für möglich. Und bis heute
blieb strittig, ob Hermes in seiner abgebrochenen
Rechten wirklich ein Traubenbüschel oder nicht vielmehr seinen
Heroldsstab hochhielt. Doch ließe sich einwenden,
dass er sein Kerykeion in der ebenfalls beschädigten
Linken getragen haben könnte. Für das
Traubenbüschel spricht nicht zuletzt das abgebildete
pompejanische Wandgemälde, auf
dem ein Satyr in gleicher Positur dem Dionysoskind
ein solches Büschel hinhält (womöglich die römische
Umbildung einer Kopie der Praxiteles-Statue).
Als
ich dann im nahgelegenen Archäologischen Museum einen
prüfenden Rundgang um die Marmorstatue meiner Lieblingsgottheit mache, schießt Ruth das
abgebildete Foto und löst dabei versehentlich einen
automatischen Blitz aus, der wiederum
einen Wächter mahnend auf den Plan ruft.
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