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RUTH FLEIGS GALERIE
SCHULKINDER MALEN
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
Alt-Walsum 1951-53
OB-Holten 1953-55
OB-Sterkrade 1955-65
VI GERMANISTICA



Oberstudiendirektor Dr. Otto Lorenz (Karikatur von Wim Wenders in unserer Schülerzeitschrift

Weit schlimmer aber war die anonyme, nur in späteren Statistiken bekannt gewordene Vertreibung hunderter von Schülern von unserem Gymnasium. Der Terror dieser dezimierenden Notengebung überzog besonders die Unter- und Mittelstufe derart epidemisch mit „mangelhaften” und „ungenügenden” Zen­su­ren, daß in manchem Jahr jeder fünfte oder vierte einer Klasse verlorenging. 2007 schrieb ein ehemaliger Schüler: „Ich erinnere mich noch gut daran, dass es Lehrer gab, die auch 7-en und 8-en verteilten, eine 6 reichte denen nicht.”

   Ich selber entsinne mich, wie ich (laut Tagebuch am 9.12.64) einen ‚Spiegel’-Artikel las, der unserer Schule unter allen deutschen Gymnasien ei­nen Spitzenplatz bei der „Sitzenbleiber”-Quote nachwies und speziell von meiner ehemaligen „Sexta a” berichtete, dass von unseren einst 33 Schülern nur noch ein einziger, ohne eine Klasse wiederholt zu haben, sich zur Zeit in Sterkrade auf das Abitur vorbereite. Den Artikel kann man inzwischen auch im Internet nachlesen (www.spiegel.de/spiegel/print/d-46176317.html).


Über dem Kreisel’-Beitrag von Udo Buhren ist eine auf den ersten Blick respektvolle Porträtzeichnung von Wim Wenders plaziert. Sie zeigt Herrn Dr. Lorenz überlebensgroß, als pädagogische Justitia, die in der Rechten unsere Schule und in der Linken ihre Waagschale parat hält. In der Ge­stal­tung der Waagschale dieses Gerechten kann man freilich auch das tendenziöse, leicht verbogene christliche Kreuz erblicken. Wenig Erfreuliches mag einem zudem die Physiognomie des damals 50-Jährigen verheißen, eine Art Asketenschädel mit annähernd mumienhaften Zügen, ge­schmückt von einem pedantisch knappen Haarschnitt. Zusammen mit dem überenergischem Kinn und dem hinweggewandten Blick ist dies für mich die Schreckgestalt eines Pädagogen, eben die eines Totenrichters, der trotz seiner akkuraten Lachfältchen die Existenzen massenhaft aburteilt. Doch kann man nicht in seinen Zügen noch einen Mitleid erregend strebsamen Sextaner erkennen?

   Zum Auftreten unseres Direktors bei den Abiturprüfungen vgl. S. 66.


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