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Elke Thevagt 1954/55 und auf dem Konfirmationsfoto 1959

Bildquelle: https://leonivo.files.wordpress.com/2017/07/schneewittchen_teil_1_theodor_storm.png?w=640


„Schneewittchen”-Aufführung mit Elke

 

Nach Unterrichtsschluß sehe ich einmal im Klassenraum einer Probe für das Stück Schneewittchen zu, das einige von uns bald den Eltern vorspielen sollen. Elke Thevagt hat die Hauptrolle, ich selber mache wohl nicht mit.

Doch werde ich bald unsicher: Hatte ich nicht doch eine kleine Rolle in dem Stück, etwa als Zwerg? Monate später sehe ich, dass ich das Stück schon um 1980 bei Theodor Storm wiederfand, ein etwa 10 Seiten langes dramatisches Fragment ‚Schneewittchen. Märchenszenen’. Damals notierte ich am Rand: „in Volksschule ge­spielt – ich einer der Zwerge, welcher?” Beim neuerlichen Überlesen sind mir die Dialoge wieder so vertraut, dass ich den Eindruck bekomme, Zwerg 4, 5 oder 6 ge­we­sen zu sein. Jeder der drei spricht nur einige kurze Sätze:

                                                                    „Zwerg 4: Wer hat mit meinem Gäblein zutappt?
                                                              Zwerg 5: Wer hat aus meinem Becherlein trunken?
                                                              Zwerg 6: Wer hat mein Löfflein eingetunken? ...
                                                              Zwerg 4: Schau nur, die Dornen zerrissen mein Röcklein!
                                                              Zwerg 5: Streiften mir ab vom Käppchen das Glöcklein! ...”

Vermutlich war ich Zwerg 5, der für seinen Einsatz auch den Text von Zwerg 4 so gut wie den eigenen kennen musste. Und war außerdem wohl nur ein „Ersatzzwerg”, denn hätte ich vor den Eltern mitgespielt, könnte ich dies nicht so einfach vergessen haben!

   Elke aber ist für mich immer das Schneewittchen geblieben, ja, bei meinem Vorstellungsbild von unserer Probe fällt mein erster Blick unwillkürlich auf die – bei Storm gar nicht präsente – Scheintote im Sarge.


Wie Elke doch so ernst und traurig, mit dunklen Schatten unter den Augen, herüberblickt und ihre Schultern so vornüberhängen läßt! Unsäglich hilfsbedürftig kommt sie mir vor, dann wiederum muß ich sie bewundern, da sie die Klassenbeste und dabei so bescheiden ist. Habe ich nie versucht, ihr ein Zeichen meiner mit Bedauern ge­misch­ten Zuneigung zukommen zu lassen? Und seit je verbindet sich auf geheimnisvolle Weise das Wort „Himmelfahrtsnase” mit ihr.

Ihre etwas spitzig hochdeutende Nase dürfte mich an die ähnliche Nasenspitze meiner früh verstorbenen Freundin Gitti erinnert haben – mithin an deren „Himmelfahrt”!


Elke hilft öfter ihren Eltern in dem kleinen Lebensmittelgeschäft, in das ich mich gern zum Einkaufen schicken lasse. In seinem grauen Kittel, einen Kugelschreiber oder Bleistift in der Brusttasche, steht ihr Vater da, ein schmaler Mann scharfen Falten in den Wangen. Die Mutter, klein und rundlich, sitzt meist bei der Kasse. Beide spre­chen leise, nehmen meine Bestellung stumm entgegen und unterhalten sich auch danach nicht mehr mit mir. Rechnen sie nicht alles auf einem Zettel zusammen? Ver­stoh­len schaue ich zu Elke hinüber, doch scheint sie mich nicht weiter zu beachten! In meiner Erinnerung ähnelt der Laden einer Puppenstube, sehe ich doch helle me­tal­le­ne Schäufelchen für Mehl und dort bei der Kasse Ware in Säcken, die nach außen hin umgekrempelt sind. Wird hier noch mit den winzigen Messinggewichten ge­wo­gen? Und sind nicht die Regale an der Längswand mit Holzschublädchen ausgestattet?


Auf dem Konfirmationfoto zeigt Elke keine Spur mehr von jener Niedergeschlagenheit und kommt mit ihrem nun straff zurückgekämmten Haar meinem Erinnerungsbild von etwa 1960 nahe, als ich sie noch ein letztes Mal beim Marktplatz-Kino mit dem Fahrrad neben Annette Titzenthaler stehen sah; beide schlank, in „Dreiviertelhosen”, mun­ter und zweifellos selbstbewusst. Wie ich damals zu wissen glaubte, gingen beide auf das Lyzeum der Nachbarstadt. Ja, zusammen mit Etta Zwitzers besuchten sie das Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium in Duisburg-Hamborn.

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