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Wir schauen uns danach die gestern von uns nur durchquerte Judería näher an. Wie üblich, gab es schon unter römischer,
westgotischer und arabischer Herrschaft ein jüdisches Viertel in Córdobas Altstadt,
doch erst nach der christlichen Rückeroberung von 1236 wurde auf Drängen der
Geistlichkeit die Judería als Ghetto mit hohen Mauern und über Nacht
geschlossenen Toren ausgebaut. Sogleich nach dem Fall von Granada 1492
stellte das Paar der „Katholischen Könige” Spaniens Sephardim vor die Wahl, sich taufen zu
lassen oder zu emigrieren. Schätzungweise 300.000 Juden verließen Spanien, und
die verbliebenen (zwangs-)konvertierten Juden wurden bald danach durch
die Inquisition verfolgt.
Córdobas Judería gilt als das
besterhaltene Ghetto in Europa. Wir kommen durch schmale und für uns bald verwirrend
verwinkelte Gassen, die sich dann und wann zu Plätzen erweitern. Die weißgetünchten
und meist zweigeschossigen Häuser haben zur
Straßenseite hin oft Balkone, Fenster mit schmiedeeisernen oder hölzernen Ziergittern
sowie an den Außenwänden Einbuchtungen in Höhe einer Wagenradnabe.
Vereinzelt zeigt sich ein kleiner Park, ansonsten sind Bepflanzungen rar, gelegentlich
hat man in einem Gassenabschnitt nur eine einzige –
rührende – Topfpflanze aufgestellt. Zum
Zentrum mit der Synagoge hin werden die Gebäude mit ihren Patios
merklich eleganter und finden sich mehr Galerien und Läden mit Schmuck oder
Leder- und Silberschmiedarbeiten.
Die
1315 erbaute Synagoge
ist die einzige noch in Andalusien erhaltene. Nach der Vertreibung
oder Konvertierung der Juden wurde sie als Hospital für psychisch
Erkrankte genutzt, gegen Ende des 16. Jh. als Kapelle der
Schuhmacherzunft eingerichtet und Mitte des 19. Jh. als Kindergarten.
Sie ist nicht direkt von der Straße her zu betreten, sondern über
einen Innenhof. Erbaut wurde sie im Mudéjar-Stil
mit Yeserias und einer Artesonado-Holzdecke. Im
unteren Bereich liegen ein Atrium und der Gebetsraum, dessen einziges
Kultobjekt eine Menora ist; in zwei Nischen
rechts und links von dem siebenarmigen Leuchter waren die
Thora und andere Schriftrollen verwahrt. In die Wände eingelassene
(Marmor-)Tafeln enthalten Verse aus dem Buch der Psalmen und dem
Hohenlied. In einer der anderen Nischen hat man jüngst
Reste eines späten Wandgemäldes mit christlichem
Kreuzesmotiv freigelegt.
Eine
Treppe führt hoch zu der Frauenempore, wie wir sie einst ähnlich in
der gotischen Alt-Neu-Synagoge
von
Prag sahen. Jene befand sich freilich in einem erst Jahrhunderte
später hinzugefügten Anbau, während diese mit ihrem
Dreifachbogen immer schon bestand.
P.S.
2015: Den
Nachfahren der 1492 Vertriebenen hat nun der spanische Staat angeboten, die doppelte Staatsbürgerschaft zu erwerben. Als Nachweis
der Vertreibung reicht es freilich nicht, etwa den
Hausschlüssel vorzulegen, der in vielen
sephardischen Familien von Generation zu Generation weitergegeben
wurde; vielmehr wird die Kenntnis des spätmittelalterlichen
Judenspanischen (Ladino) oder der sephardischen
Kultur verlangt.