Quelle für das Hermès-Inserat: http://stores.hermes.com/Asia/China Und für das Design: https://bestofguangzhou.com/locations/la-perle/pearl-design-fountain.jpg
So
treten wir denn, vorbereitet durch diese freimütigen Auskünfte, in
das Qingping-Marktgeviert
ein. Die Läden sind oft kaum drei Meter tief,
haben es aber für unsereins wirklich in sich: Säcke und Säckchen
mit Schlangenhäuten, Luftröhren oder auch getrockneten
(Baum-)Pilzen, daneben Fledermäuse, Geckos, Tausendfüßler, Raupen,
Käfer, Asseln und verschiedenartig präparierte Frösche. In
Plastikwannen hält man quicklebendige und vereinzelt entwischende
kleine Skorpione (den größeren wurde der Giftstachel entfernt). Zu
den Potenzmitteln zählen die – zu Pulver zerstoßenen – Penisse
von Hirschen, Hunden und Eseln sowie in Scheibchen geschnittene
Geweihe. Bestimmte Heilmittel vor allem gegen Krebs und
Geschwüre, so hören wir, werden hier für 2000 € pro Kilo
gehandelt. Unter den Delikatessen oder heilkräftigen Zutaten aus dem
Südchinesischen Meer findet man getrocknete Fischblasen,
Seesterne und -pferdchen, zudem geröstete Fischmägen, geschmorte
Haifischflossen, Seegurken, Quallen, Fischlippen und auch
Wasserschildkröten, die hier als "Fischart" gelten.
Letzteres
erwähnt unser südchinesischer Reisebegleiter, der zuvor auch einen
kleinen ethnischen Exkurs machte. Während viele Nordchinesen mit
einem "Nudelbauch" daherkämen, seien die kleineren
Kantonesen
schlank, hätten statt der schmalen
mongolischen Augen der Nordchinesen rundliche "Tomatenaugen"
und sprächen stark durch die Nase. Den Nordchinesen attestierte er
ein profunderes Wissen auf kulturellen Gebieten, während die
Südchinesen die bedeutenderen Geschäftsleute seien.
*
Am Abend machen wir
beiden von unserem "Ocean Hotel" aus einen längeren
Spaziergang auf der Huanshi East Road, vorbei an etlichen Gummibäumen
mit gewaltigen Luftwurzeln. Bei dem einen oder anderen
Hotelgespräch oder Einkauf wird deutlich, dass man hier mit
Englisch besser
zurechtzukommt
als bislang andernorts. Doch auch
der
französische Einfluss ist
in Kanton weit stärker als zuvor zu bemerken, nicht nur im Umkreis
des Luxus-Shopping-Centers "La
Perle", wo
wir zuletzt verweilen und längere Zeit dem Treiben bei einer
U-Bahn-Station zusehen. "La Perle" spielt natürlich auf
die Lage am Perlfluss an, und das Gebäude selbst in Architektur und
perlmuttfarbenem Dekor auf eine Zuchtperle. Wie später zu lesen ist,
müssen Kunden etwa von Hermès wegen der in Südchina rapide
angestiegenen Nachfrage nach europäischen Luxusgütern bis zu einem
Jahr auf die aus Westeuropa georderte zertifizierte Ware warten.
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