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IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI GERMANISTICA


Netzmeister-Garten, Ausblick vom "Stud­io der Konzentrierten Leere" (Nr. 6)



Kranich-Bodenmosaik beim "Pavillon der Wolkentreppe" (Nr. 7)
Daneben rechts: Mondtor vor dem kleinen Penzai-Garten (ebenfalls bei Nr. 7)


Links oben: Briefmarkensatz "Garten des Meisters der Netze" (China 2003)
Darunter: Blick über das Yinjing-Brückchen (Nr. 17) hinüber zum
"Pavillon des Auf­ge­hen­den Mondes und der Auflebenden Brise" (Nr. 13)

Quellen: www.aue-kult.de/images_china/china_suzhou_2003_11_bl.jpg Yinjing-Brücke: http://laibach.blogbus.com/logs/40651828.html Kranich-Mosaik: www.flickr.com/photos/abbys_mom/115606984/in/photostream/

Penzai-Garten: http://evilbrainjono.net/blog?permalink=1131

                                                                                                                             

Steinbrückchen (Nr. 17) zurück zu den Wohngebäuden im Osten. Ihren Namen "Yinjing" oder auch "Brücke zur ruhig-heiteren Gelassenheit" hat sie gewiß für die umgekehrte, in den Gartenbereich führende Wegrichtung erhalten. Wem es übrigens gelänge, sie mit nur drei Schritten zu überqueren, dem soll ein langes Leben be­schie­den sein.

*

Durch die dichte Bebauung mit den ineinanderlaufenden Gebäuden und kurzen verwinkelten Gängen sowie Seitenausgängen, die zu spontanen Richtungsänderungen einla­den, verliert der Besucher leicht die Orientierung. Zu bemerken ist diese Konfusion auch an vielen Photos, die man nur pauschal diesem Netzmeistergarten zugeordnet hat, aber kaum einmal einer bestimmten Szenerie darin. Bei Videoaufnahmen von Amateuren bewegt sich der Kameraträger gelegentlich wie in einem Irrgarten hin und her. Und so­gar bei einem relativ stetigen Rundgang stellt sich immer wieder eine gewisse Irritation ein, siehe etwa www.youtube.com/watch?v=A3r54QM9mZU&feature=relmfu (besonders ab 6:30 min.) sowie www.youtube.com/watch?v=pp8asvNFuBA&feature=end screen&NR=1.

   Gleichwohl ist das Ensemble der Garten- und Gebäudeanlage so umsichtig strukturiert, dass Architektur und Natur, Innen- und Außenräume in eine ästhetische Balance ge­bracht sind. Wie die chinesische Landschaftsmalerei auf die Gestaltung der Gartenanlage Einfluss nahm, so auch die chinesische Literatur; es gibt kaum ein Bauwerk oder ei­nen szenischen Ort, der nicht nach einem Roman- oder Lyrikmotiv benannt oder ausgestaltet wäre. Das Schnitzwerk für die Türen des "Pavillons des Waschens der Hutbän­der" (Nr. 14) zeigt gar detailliert Szenen aus einem populären Roman über die Zeit der Streitenden Reiche (3. Jh.). Umgekehrt werden Naturgebilde in einem fort als Bauele­mente und als Dekor aufgenommen und sublimiert. Für den Europäer wohl am bemerkenswertesten sind diese Stein- und Felsformationen, die wie der "Habichtfelsen" als po­rö­ses Kalkgestein im nahgelegenen Taihu-See gefunden wurden und durch oft jahrelanges Lagern im Wasser ihre bizarre Formen gewannen. Idealerweise sollten sie da­nach naturbelassen bleiben, wurden freilich nicht selten durch Bohr- und Schleiftechniken weiterbehandelt. Größere Einzelstücke der Zier- oder Gelehrtenfelsen hat man ih­rem Rang nach mit den Statuen in europäischen Gartenanlagen verglichen. Kleinere Exemplare dieser Gelehrtensteine ("Gongshi") nahm man in die Wohngebäude hinein und prä­sentierte sie auf maßgefertigten Abstellmöbeln.

   Pflanzen und Tieren findet der hiesige Gartenbesucher auch in Gestalt von Schnitzwerken und öfter noch von Bodenmosaiken vor. Eines darunter ist der Kranich, der in Chi­na Langlebigkeit symbolisiert und zudem als Seelengeleiter fungiert. In der Qing-Dynastie trugen diese Mandarine sein gesticktes Bild als Abzeichen des höchsten Beam­tenranges auf Brust und Rücken. Das Kranichmosaik vor dem Mondtor des Penzai-Gartens war demnach sicherlich ein Hinweis auf den hohen Status des Gartenbesitzers.

   Das oben rechts abgebildete Penzai-Gärtchen liegt in einem Seitentrakt beim "Pavillon der Wolkentreppe" (Nr. 7). Unser chinesischer Reiseleiter erklärt uns hier wie beiläu­fig, dass die Chinesen die im Westen weithin als typisch japanisch angesehene Miniaturisierung von Pflanzen lange zuvor schon als Gartenkunst kultiviert hatten. Ja, Penzai oder 'Penjing' als 'Landschaft in der Schale' ist für China vermittelt durch den Chan-Buddhismus seit dem Anfang des 8. Jh. nachweisbar und für Japan als 'Bonsai' erst sechs Jahrhunderte später. Als Höhepunkt der Penzai-Kultur galten um 1800 diese Privatgärten von Suzhou. Das jetzige Gärtchen freilich ist relativ schmächtig und wurde, wie mir vorkommen will, zugunsten der bedeutenden Penzai-Baumschule im "Garten der Politik des Einfachen Mannes" vorsätzlich so unscheinbar gehalten.


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