Bildquellen: Google Maps https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/48/Molly_Malone_073007.JPG/645px-Molly_Malone_073007.JPG?20121231012858
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https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/29/Entrance_to_7_Eccles_Street_at_the_James_Joyce_Centre_Dublin.jpg
Zwischen
unseren Tagesausflügen spielen wir bei gelegentlich heftigem Seewind
auf dem Anfänger-Golfplatz, der gleichwohl mit 18 Löchern und
einigen Schikanen aufwartet. Es geht ganz gut, nur der hohe
Bogenschlag will nicht recht gelingen (wir hätten die Schläge in
einem steileren Winkel ansetzen müssen). Abends essen wir an den
Fenstern zur Seeseite hin; zur täglichen Lektüre am etwas
unwilligen Kaminfeuer (Gasfeuerung) gehören irische Tageszeitungen
und unter anderem O. Wildes „Lady
Windermere's Fan".
*
Sa.
10.8.96) Wir verlassen Ballyvaughan und erreichen nach kaum drei
Stunden Dublin,
wo wir drei Übernachtungen gebucht hatten. Während der Anfahrt kam
mir wieder die Ballade von der „Sweet Molly
Malone“ in
den Sinn, die wir ungefähr 13-Jährigen einst mit ziemlicher
Begeisterung im Englischunterricht sangen: „As she wheeled her
wheelbarrow/ Through streets broad and narrow/ Crying, ‚Cockles
and mussels, alive, alive, oh!‘ ...“). Schon bald begegnen wir
ihrer Bronzestatue nebst Wagen und Körben für ihre Herz- und
Miesmuscheln. Eine Dubliner Bildhauerin schuf sie zur
Millenniumsfeier von Dublin (1988) und stellte sie so offenherzig
dar, wie es gegen Ende des 17. Jh. üblich gewesen sein soll. Von
ihrer hier angedeuteten Nebentätigkeit als Prostituierte
hatten wir Schüler keine Ahnung und auch nicht von der
Symbolträchtigkeit der Muschelware, die sie da lauthals anbot.
Unsere
Unterkunft ist ein angeberisches Hotelhochhaus in Ballsbridge, das
nicht einmal genügend Parkplätze zur Verfügung stellt. Wir gehen
sogleich in die City, deren dichter Autoverkehr nach unserem jüngsten
Landleben schon beinahe beängstigend ist. Und betreten bald das von
Joyce frequentierte „Bewley’s
Oriental Café“,
das sich über mehrere Geschosse hinzieht und vom Ballsaal, einer Bar
bis zum Séparée so ziemlich alle Facetten eines Kaffee- und
Teehauses enthält. Das Ganze ist nicht stilsicher, neben der eher
einfältigen Mosaikfassade im Baustil des „Egyptian Revival“
trifft man im Innern auf elegante Art-Déco-Elemente mit
Buntglasfenstern, Samtbänken, Tropenholzdesign und Marmortreppen.
Das
Trinity
College wimmelt
heute von Touristen wie unsereins, vor allem im Umkreis der Alten
Bibliothek, deren Erdgeschoss das „Book of Kells“ ausstellt.
Diese reich illustrierte Handschrift, eine auf Kalbsleder
geschriebene lateinische Kopie des Evangeliums, wurde gegen Ende des
8. Jh. auf der schottischen Insel Iona von Mönchen abgefasst. Wegen
des enormen Andrangs besichtigen wir nur den Langen Saal der
Alten Bibliothek und machen danach einen Abstecher zu der kleinen
Marsh’s
Library,
der ersten öffentlichen Bibliothek Irlands. Für besonders
kostbare Bücher hatte man hier verschließbare und durch
Drahtgitter gesicherte Lesezellen eingerichtet, die erst der
herbeigeläutete Bibliothekar wieder öffnen konnte. Nebenan liegt
die St.
Patrick’s Cathedral,
in der Irlands großer Satiriker Jonathan Swift über 30 Jahr lang
das Amt des Dekans innehatte und in seinen Sonntagspredigten eine
Reihe von sozialen Ungerechtigkeiten in und gegenüber der
irischen Bevölkerung attackierte (was ihn zum Feind der
großbritannischen Königin Anne Stuart machte).
Auf der
Weiterfahrt kommen wir an der Guiness Brauerei vorbei, die mit ihren
hohen Mauern und verrammelten Portalen einer Festung gleicht.
Nördlich des River Liffey stolpern in der alleenartigen
und zugleich verwahrlosten O’Connell Street betrunkene Jugendliche
heran, doch ist hier nichts von den in unseren Reiseführern
angekündigten Kinderbanden zu sehen. Dafür erwartet uns eine
eigentlich nur in Nordirland übliche Polizeikontrolle, als wir in
ein Parkhaus einfahren wollen. Von dort aus gehen wir zur Eccles
Street,
wo Joyce im „Ulysses“
Leopold und Molly Bloom
in Nr. 7
dieser Reihenhausstraße
wohnen lässt. Das reale Haus Nr. 7 steht schon längst nicht mehr
dort, samt dem halben Straßenzug wurde es 1967 abgerissen, um einer
Klinik Platz zu machen. – P.S.
2022: Das
Hausportal von Nr. 7 konnte gerettet werden, der Dubliner Künstler
John Ryan, Mitbegründer des ersten Bloomsday von 1954, stellte es in
seinem Pub aus, bis er es dem 10 Fußminuten von Eccles Street
Nr. 7 entfernten „James Joyce Centre“ vermachte.
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