Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
Schulkinder malen
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
A ZUR ANTHROPOLOGIE
Sloterdijk-Habermas
Pico della Mirandola
Michel de Montaigne
J. G. Herder
Max Scheler
Helmuth Plessner
Rück- und Ausblick
B ERINNERUNGSBILDUNG
Schock der Rückkehr
Erinnerungsautomatik
Wuchernde Phantasie
Seel. Raumpositionen
Sprache und Erinnern
Besuch als Korrektiv
Identitätsfragen
Steuernde Phantasie
Über das Vergessen
Biogr. Stimmigkeit
Proust. Doppelgänger
Psychobiologisches
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI Germanistica

RÜCK- UND AUSBLICK

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

­

hat die Tendenz der geistigen „Entwirklichung” al­so da­hingehend über­trieben, daß der Mensch, der sich aus der Na­tur „herausstellte” und dem die Wirk­lich­keit überhaupt annihiliert er­schie­nen wäre, an­ge­sichts der Entdeckung 

------------------------------------------------------------------------


lehnt über­lieferte Glau­bensinhalte als völ­lig un­be­grün­det ab. Er verwirft jede ob­­jek­­ti­­ve Wahrheit und alle sitt­li­chen Wert­vor­stel­lun­gen. Ein beliebtes Motto für nihilis­tische Den­ker stammt von Dostojewski: ,Wenn Gott tot ist, dann ist alles er­laubt.’“ URL: http://gemeinde­christitrier.­blog.­volks­freund.de/2006/05/­14/­ wenn-­gott-­tot-­ist-­dann-ist-alles-erlaubt/

   Schon Dostojewskis Romanheld je­doch vermochte über den Ni­hi­lis­mus hinaus zu denken. Der Teufel, den der in Fie­ber­wahn ge­fal­le­ne Iwan eben noch als sein abgespalte­nes Ich durch­schaut hat, argumentiert nämlich wie folgt: „Hat die Mensch­heit sich erst samt und sonders von Gott losgesagt – und ich glaube, daß diese Pe­ri­ode sich <...> voll­en­den wird – , so werden von selbst <...> das ganze frühere Weltbild und vor allem die ganze frühere Moral zu­­nich­te, und auf al­len Ge­bieten bricht Neues an. Die Men­schen wer­den sich zusammenschließen, um vom Leben alles zu neh­men, was es ge­ben kann, aber unbedingt zu Glück und Freude ein­zig und allein auf der hiesigen Welt. Der Mensch wird sich ge­wal­tig er­heben im Geiste göttli­chen, titanischen Stol­zes, und her­vor­tre­ten wird der Gott-Mensch. <...> Je­der wird be­grei­fen, daß er sterblich ist, ganz, ohne Auferste­hung, und wird den Tod stolz und ge­lassen hinnehmen wie ein Gott. <...> Da dies aber in An­be­tracht der einge­fleischten menschlichen Dummheit wohl noch in tau­send Jah­ren sich nicht ver­wirk­li­chen läßt, so sollte es jedem, der heute schon die Wahrheit begreift, er­laubt sein, sich ganz nach sei­nem Gut­dün­ken ein­zu­richten, auf den neuen Grundlagen. In diesem Sinne ist ihm ,alles erlaubt.’” Fjodor Dos­to­jewski, Die Brü­der Ka­ra­ma­sow (Ber­lin und Weimar, 3. Aufl. 1992), Bd. 2, S. 506f. (9. Kap. des 11. Buchs)

   Der Roman Die Brüder Karamasow entstand 1878-80 und wur­de 1884 ins Deutsche übersetzt. Im 3. Buch von Nietz­sches Die fröh­li­che Wissenschaft (erschienen 1882) wird der Gedanke vom To­de Got­tes mit ähnlicher Konse­quenz als Fak­tum von „dem tol­len Menschen” ausgerufen, der wie einst der Kyniker Diogenes am hellen Tag mit der La­ter­ne auf der Suche ist: „Wo­hin ist Gott? rief er, ich will es euch sa­gen! Wir haben ihn getödtet, – ihr und ich! Wir Al­le sind sei­ne Mörder! <...> Giebt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendli­ches Nichts? <...> Rie­chen wir noch Nichts von der göttlichen Verwesung? - auch Göt­ter verwesen! Gott ist todt! Gott bleibt todt! Und wir ha­ben ihn ge­tödtet! <...> Ist nicht die Grösse die­ser That zu gross für uns? Müs­sen wir nicht sel­ber zu Göttern wer­den, um nur ih­rer würdig zu erscheinen? <...> Ich komme zu früh, sagte er dann, ich bin noch nicht an der Zeit. Diess un­ge­heure Er­eig­niss ist <...> noch nicht bis zu den Ohren der Menschen gedrun­gen.” Friedrich Nietzsche, Sämt­li­che Werke. Kri­ti­sche Studien­ausgabe, Bd. 3 (Mün­chen 1980), S. 480f. (Apho­ris­mus 125). Vgl. ebda. die Apho­ris­men Nr. 108f. und 343f.

   Die biologistische Metapher vom „Tod” Gottes dürfte auf Hegel zu­rück­­ge­hen, der im Schlußpassus seines Aufsatzes Glau­ben und Wissen (1802) das neuzeitliche christliche Glaubens­gefühl cha­rak­te­ri­siert. Hegel spricht hier von dem


- 50 -

ZurückWeiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/