Quelle: www.uni-goettingen.de/de/41724.html
Schelers
anthropologische Skizze war ebenso glänzend gedacht wie
eingängig geschrieben und erregte entsprechend
Aufsehen. Das
geistige Hauptereignis dieses Jahres 1928 aber
war das Werk Die
Stufen des Organischen und der Mensch
des noch weithin unbekannten 36jährigen
Philosophen Plessner, der auch Zoologie
und Medizin studiert hatte. Die heute üblichen
Darstellungen, die sich im wesentlichen
auf das letzte Drittel des Buches konzentrieren,
stellen es als ein leicht faßliches Werk hin, was es
wahrlich nicht ist. Schon die Diktion läßt, anders als
die des späten Plessner, mal an Hegels
Terminologie, mal an Heideggers 1927
erschienenes Werk Sein
und Zeit denken.
Auch der Wechsel zwischen behäbiger Redundanz
und einem schon pedantisch deduzierenden
Scharfsinn, der permanent auf apriorische, die Bedingungen
der Möglichkeit erörternde
Begründungen dringt, erklärt zugleich mit
Plessners Vertreibung aus dem Lehramt (1933) die
extrem verspätete Akzeptanz dieses
Werkes.
Wie
Scheler befürwortet Plessner das
Modell eines „Stufenbaus”,
dessen untere Stufen die höheren bedingen und
selber noch in den höchsten enthalten sind, auch wenn sie
dabei von Mal zu Mal überformt werden. Hält sich
Scheler sogleich an die „Innenseite” des Lebens
(das Seelische), so sucht
Plessner in der biologischen Kontrastierung
mit den anderen uns bekannten Lebensformen
den „Leitfaden”
seiner Anthropologie. Er setzt schon bei dem
prinzipiellen Unterschied zwischen
anorganischem und organischem
Körper ein und bezeichnet das wesentliche Kriterium,
wodurch sich Belebtes von Unbelebtem unterscheidet,
als „Positionalität”.
Diese definiert er als die Fähigkeit lebendiger
Körper, ihre „Grenze” zur Umwelt hin zu