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III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
Alt-Walsum 1951-53
OB-Holten 1953-55
OB-Sterkrade 1955-65
VI GERMANISTICA

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Karikatur 1962 von Wim Wenders in unserer ‘Bierzeitung’ zur Mittleren Reife

 

Foto rechts: Trainingssprung von Horst Fleig bei Rot-Weiß-Oberhausen (1962)

 

 

 

                                                                               

Jaja, sein ganzer Ehrgeiz ist das Springen,/ Darin wird er’s noch zu was bringen.

Auch in der Schule ist er nicht dumm,/ sitzt nicht müßig in der Bank herum,
sondern beteiligt sich rege am Unterricht./Allerdings, wie die anderen Schüler nicht ...
Wenn sich die Gelegenheit nur bietet schon,/der Hotti spielt gerne Opposition”

 

Die danebenstehende Karikatur von Wim, die mich in Weitsprunghaltung zeigt, unterstreicht durch meine damalige Igelfrisur, die vorgestreckten Spikes und Fin­ger­nägel jene bei mir monierte Aggressivität. So findet sich auch in der Rubrik „Anzeigen” eine von ‚Hotti F.’ aufgegebene: „Kennen Sie schon mein neues Buch? ‚Rich­ti­ge Kritik am rechten Platz’”. Außerdem ist bei den „Sprichwörtern” zu lesen: „Hotti: Trainieren geht über studieren!!” Dieses von mir selbst stammende Sprüchlein, ei­ne Steigerungsform von „Studieren geht über Probieren!”, war weniger ein Bekenntnis zum Leistungssport, als vielmehr eine Absage an den bei uns herrschenden Pauk­un­ter­richt. Er war es denn auch, der mitsamt seinen Vertretern wie unserem Lateinlehrer „Trapper” zum Hauptziel meiner Invektiven wurde, aus denen einige mei­ner Mitschüler, die in der Mittelstufe noch stärker angepasst waren, kaum mehr als ein „Meckern” herausgehört haben dürften.

 

Obgleich ich bei den renommierten Leichtathleten von „Rot-Weiß-Oberhausen” bald zu den besten Weit- und Dreispringern gehöre und auch schon Fünf- und Zehn­kämp­fe absolviert habe, nehme ich keinmal am Weitsprung und Fünfkampf der Vergleichskämpfe der Landesgymnasien (Bannerwettkämpfe”) teil. Dies zum Un­ver­ständ­nis und Unmut von Sportlehrern und konservativen Schülervertretern wie Werner Schaub, der zugleich im Weitsprung mit knapp sieben Metern den Schul­re­kord hält. Liegt es nur daran, dass ich die dazugehörigen turnerischen Übungen nicht ausstehen kann, oder sollte es da noch andere Animositäten gegeben haben? Ich weiß es nicht mehr.

Nach meiner ersten Nichtteilnahme bekam ich im Fache „Sport” statt der vorangegangenen Note „sehr gut” nur „befriedigend” – ein Denkzettel, wie mir schien und wor­auf ich mit einer erneuten Absage geantwortet haben dürfte.

 

Mein Kritik- und Opponierverhalten, das in der Mittelstufe kaum über spontane Unmutsbekundungen und ironische Randbemerkungen hinauskam, gewinnt in den näch­sten Jahren eine argumentative Form und Richtung, die sich vor allem meiner Begeisterung für die Philosophie verdankt. Endlich finde ich hier, zuerst in Scho­pen­hau­er und Nietzsche, eine radikale, unerschrockene und überlegene Konkurrenz zu der christlichen Religion, die bis dahin an unserem Gymnasium das Monopol auf die Deu­tung von Welt und Mensch zu besitzen schien. Und kann mich nun allmählich auch, nicht zuletzt im Philosophieunterricht der Unter- und Oberprima, von der verfluchten, dem dumpfen stofflichen Wissen hörigen Schülerexistenz absetzen. Zugleich lerne ich das zögerliche und sich selber überraschende schriftliche Denken schätzen, eine umständliche Art der Formulierung, die mich freilich zunehmend in Konflikt mit der flüssigen schriftlichen Ausdrucksform bringt, die uns in den Klas­sen­ar­bei­ten abgefordert wird.

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