FEHLER BEI DER ERINNERUNGSBESCHREIBUNG
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Detailreicher
und in ihrer szenischen Anschaulichkeit vielleicht leichter
wiederzugeben ist eine
singuläre
Geschehensabfolge
aus dieser Zeit, der abendliche Feldzug gegen die benachbarte
Siedlung:
Wir
stehen, den Garten meiner Großeltern im Rücken, dicht beisammen.
Längeres angespanntes Abwarten und Hinüberschauen
schräg nach links über ein breites Feld hin. Ein neben mir
stehender Junge nimmt auf einmal sein Stirnband aus Wellpappe
ab und betrachtet wortlos eine Delle: ein Stein aus einer Zwille hat
ihn dort getroffen. Nun sind wir dicht an die feindliche
Siedlung herangerückt; Fackelschein im
Hintergrund. Während unseres Rückzugs eine einzelne
Kampfhandlung: Unser Anführer schlägt einem Gegner, der
ihn von hinten umklammert, mit meinem hölzernen
Tomahawk – ich habe es ihm heute ausgeliehen –
einigemal kräftig auf den Rücken oder in die
Seite. Wir werden dann wohl nicht mehr weiter
verfolgt.
Diese Episode
gehört zu den wenigen meiner Kindheit, die noch halbwegs narrativ,
in zusammenhängender Abfolge wiederzugeben
sind. Dennoch stellt sich mir beim Wiederlesen diese abendliche
Szenenabfolge weit flüssiger und klarer dar als in
meiner Erinnerung. Zunächst wäre erneut
anzumerken, daß auch in diese Wiedergabe
Anachronismen und externe Informationen
eingeflossen sind. Es war zwar „Wellpappe”, doch
kannten wir den Terminus nicht, nur die Nutzbarkeit
dieser Pappe fürs Einstecken von Gänsefedern.
Die Zwille hieß bei uns „Fletsche” und das Tomahawk
wohl noch „Indianer-” oder „Kriegsbeil”. Daß es aus
Holz war, stimmt, spielt jedoch in meiner szenischen
Erinnerung keine Rolle, versteht sich dort gewissermaßen
von selbst. Doch sind dies soweit nur Ungenauigkeiten
bei der Wortwahl, die leicht zu korrigieren wären. Anders die
starke Anschaulichkeit, die vor allem durch
den Gebrauch von Substantiven suggeriert wird.
So dürfte ich eigentlich nicht einmal von einem „Beil”
sprechen, denn ich sehe es nicht mehr, sehe nur noch
schemenhaft die wilden Schlagbewegungen –
weiß freilich, daß sie mit meinem Beil ausgeführt
werden. Auch kann ich nicht erkennen,
daß „wir” da stehen, habe nur das Gefühl, daß
mehrere „von uns” sich in unmittelbarer
Nähe befinden. Und eine weitere
unscheinbare Gedankenlosigkeit: Der Garten, der da
kaum beachtet in unserem Rücken liegt, ist
nicht der „meiner Großeltern”, sondern der von
„Oma
und Opa”. Mit dieser kindlichen,
mich immer noch fröhlich und erleichtert
stimmenden Anredeform
verändert sich mir auch dieser Garten selbst, gewinnt etwas von
einem Refugium und macht zugleich darauf aufmerksam,
daß sich ausgerechnet diese Gartenszene als Ausgangsbild
der Kampfaktionen festgesetzt hat (von der ganzen
Vorgeschichte ist mir nichts mehr erinnerlich).
Was also tun? Neue
Beschreibungsformen für diese weithin schemenhaft bleibenden
Vorgänge entwickeln, für das vage Raum- und Selbstgefühl und die
meist nur partiell einzulösenden Wortbedeutungen? Wäre das nicht
übertrieben? Ist es nicht eher so, daß bei der Wiedergabe
von Erinnerungen einige fundamentale Unzulänglichkeiten
der Sprache nur besonders kraß hervortreten? Wird nicht schon
syntaktisch durch die Zuordnung von Subjekt und
Prädikat sowie semantisch durch die immer nur mehr
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