BILDER FONTANES GEGEN DEN TOD. ›GRETE MINDE‹
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gegen
Ende der Aufführung des "Jüngsten Gerichts" mit Gretes
damaliger Errettung aus den Flammen, halluzinatorisch
bereitgestellt war, dieser
Austausch von Idol und eigenem Leben vollendet sich jetzt für
Valtin, wenn sein Sarg von vier Puppenspielern zu Grabe getragen
wird. Aufgebahrt liegt er auf einer Leiter
und
wird so auf den ersten Schritt seiner Flucht mit Grete gebannt,
ja dann doch weiter zurückgeführt auf die Gartenszene, als Grete
vor dem ihr geraubten Brautkuss schon auf eine solche Leiter
geflüchtet war. Beigesetzt wird Valtin nun unter einem Fliederbusch
neben einer Hanfstaude, auf der sich sogleich wieder ein Hänfling
wiegt.8
Kräftig
dann noch einmal die
Stilisierung der Gebärden Gretes, wie zum Aufflug und zur Apotheose
ihrer Kindheit,
wenn sie beim Wiedersehen der Heimatstadt vor Freude mit der Hand
hinübergrüßt, später in ihrem Rechtsfanatismus
und schon aufloderndem Wahnsinn "mit ihrer Hand zu der
Mondscheibe hinauf" grüßt und höher hinauf schaut "in
den goldenen Reigen" der glitzernden Sterne, beide Hände um
Erbarmen ausstreckend.9
Noch einmal das
verwunschene Ausgangsbild des Nestes,
wie sie, in einer Scheune versteckt, schlafend im Werg sitzt. Und wie
sie, um den Scheunenbrand und seine Ausbreitung abzuwarten, auf der
"sonderbaren Leiter" eines zerbrochenen Treppenstücks
zum Tangermünder Festungsturm hinübersteigt, droben Kinderlieder
vor sich hin summend. Zuletzt steigt sie über eine Wendeltreppe und
ein "Geflecht von Leitern" in den Glockenstuhl
der Stadtkirche, die
letzte Leiter nach sich ziehend – ihr Transzendieren hin zu Valtin.
*
" ... Und
immer nur durch die glückselige Vorstellung aufrechterhalten: 'Und
wenn sie dich suchen bis an den jüngsten Tag, sie finden dich
nicht.' " Dieses Glücksgefühl im Versteck, das noch dem alten
Fontane unbegreiflich
war, ist offenbar ein utopischer Tiefenaffekt, der ein Leben lang
virulent bleibt und alle möglichen Ausdrucksformen finden kann.
Fontanes
drei Kriminal- und Gewalterzählungen, in denen das Versteck das
getötete
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8
In
den Sinn kommen mag einem hierbei Gretes grausiges "Lieblingsmärchen"
(N III, 8) vom Machandelboom, in dem das von der
Stiefmutter geschlachtete Brüderchen dem Vater vorgesetzt wird. Aus
den Knochen, die das Schwesterchen unter dem Baum vergraben hat,
erhebt sich das ermordete Kind in Vogelgestalt,
führt im Gesang hartnäckig Klage und kann schließlich in
ursprünglicher Gestalt wiedererstehen. Fontanes Ribbeck-Gedicht
scheint diesem Märchen das Überdauern im Baum und die
anthropophagischen Grundierung zu verdanken. 9
N III, 78 und 83f.
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