MIKROSTILISTISCHE MERKMALSKOMBINATION. - LEKTÜREPHASE DER EXKLUSION
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»Bonaventura«
im weitesten Sinn gleichkommt. Zum Anhaltspunkt, um sich nicht
ablenken zu lassen durch Lebenslauf und Reputation, sind allein
die Titel der Veröffentlichungen zu nehmen. Das hierzu geeignetste
bibliographische Hilfsmittel ist der 2-bändige »Taschengoedeke«
von L. Hirschberg (verbesserte Ausgabe von 1970). Nicht interessieren
können solche Autoren, bei denen nichts von Risikolust oder der
geistigen Beweglichkeit »Bonaventuras« zu verspüren ist:
Spezialissimi wie übersetzende Nurphilologen und
Historiker, obrigkeitsbeflissene Schul- und Kirchenmänner, die
Branchen der Hege-, Pflege- und Verdauungs-Literatur; nicht zu
verwerfen ist, was nach Trivialliteratur klingt, es sei denn bei
penetranten Verschwisterungen mit der einfachen Sittlichkeit. In
Frage kommen, von Abel bis Zuckschwerdt, rund 300 Autoren. Erst wenn
diese Hauptprobe sich dem Ende zu neigt, sollen auch schlagkräftigere
Spezialverfahren eingesetzt werden: Die »Bonaventura« so geläufigen
Fachsprachen und überdurchschnittlichen Kenntnisse legen es
nahe, sowohl nach entsprechenden Berufskombinationen Ausschau zu
halten als auch nach weiter umliegenden Jahrgängen von
psychiatrischen, philosophischen, (kultur-)»anthropologischen« und
insbesondere theater- und rechtswissenschaftlichen Reihen.
Unspezifisch heranzuziehen sind die wichtigen literarischen
Zeitschriften, Almanache, »Bibliotheken«,
Zeitungen, Jahr- und Taschenbücher, -kalender. Zu erwähnen noch
kleinere und recht lustlos ausgeführte Recherchen, so nach den
ausgesprochenen Feinden Schellings, blinden Literaten oder nach
möglichen Namensübersetzungen des Pseudonyms sowie
bestimmter Motive der »Nachtwachen«.Anm.)
Bevor
im alphabetischen Hauptverfahren Klingemann an die Reihe kam, gab es
schon einige Spuren zu verfolgen, bis andere Publikationen den
betreffenden von den eigenen Schreibgewohnheiten her entkräfteten.
Dabei konnte sich, bloß von der Wortwahl her, Theodor Hell (=
Karl G. Th. Winkler) länger behaupten, ansonsten in der
Beschreibungsmanier ein Süßholzraspler.
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Anmerkung
im Originalmanuskript:)
Grundsätzlich
kamen nur Erstausgaben in Betracht. An der Universitätsbibliothek
Tübingen war der größere Teil der Autoren im normalen Leihverkehr
zu erhalten; ein paar Texte liessen sich auch per Fernleihe nicht
mehr aufstöbern.
10
Wochen konzentrierter Lektüre von Bruchstücken, gegen ein jedes
kann man nicht spröde und großzügig genug sein. An zwei, drei
verschiedene Text-Abschnitte hielt ich mich; bei Erzählungen immer
auch an die ersten Seiten, an die heikelste und letztlich moralische
Aufgabe, den Hiat zu einer Wirklichkeitsform mit eigenen Rechten.
Viele Autoren aber liessen schon mit dem ersten Satz nichts mehr
erwarten ... mit totem Staub bedeckt.
Nach
dieser Intensivphase war, als Nebentätigkeit, fortlaufend zu
ergänzen. (Derartige Text-Zuschreibungen sind als Einübungen
in die Interpretation unschätzbar, kaum ein Verfahren schärft so
für Möglichkeiten und zerbricht laufend Vorverständnisse.)
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