HELMUTH PLESSNER
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
entfaltet
und erlebt wird, vermag sich schon in der Introspektion zu verändern;
grundsätzlicher macht sich der „Charakter des Außersichseins”
dieses „exzentrischen” Lebewesen hier so geltend, dass es nicht
wie das Tier im Vollzug des Erlebens aufgeht, sondern sogar beim
Fühlen, Wollen und Denken „außerhalb” seiner selbst steht.48
„Mitwelt”,
der dritte Weltbezug,
ist dem Tier ebenfalls nicht möglich. Nach Plessner agiert es
„konzentrisch”, nimmt seine Artgenossen lediglich unreflektiert
als verschmolzen mit seinem Umfeld wahr, ohne sie als ,Mittiere’
oder als distinkte Umgebung zu unterscheiden.49
Dass der Mensch Mitwelt hat, geht
dem einzelnen erst im Zusammensein mit anderen voll auf. Gemeint ist
nicht allein die soziale Sphäre der Mitmenschen, vielmehr ist
Mitwelt die
übergreifende des Geistes,
die Sphäre aller „anderen Iche” oder eines
„allgemeinen” Ichs,
die von dem individuellen getragen wird und die jedes individuelle
trägt. Eine Erweiterung zu einer „Wir-Sphäre”,
die zugleich eine Beschränkung bedeutet, da der einzelne
sich als Glied erfasst, das in der Relation des „Miteinanders”
existiert.50
-------------------------------------
48
a.a.O.,
S. 293 und 298. Für das ,Ich’ nimmt sich dieser existentielle
Widerspruch so aus: „Als Ich, das die volle Rückwendung des
lebendigen Systems zu sich ermöglicht, steht der Mensch nicht mehr
im Hier-Jetzt, sondern ,hinter’ ihm, hinter sich
selbst, ortlos, im Nichts,
geht er im Nichts auf, im
raumzeithaften Nirgendwo-Nirgendwann.” „Als Ich dagegen, das sich
in voller Rückwendung erfaßt, sich fühlt, seiner inne wird, seinem
Wollen, Denken, Treiben, Empfinden zusieht (und auch seinem
Zusehen zusieht), bleibt der Mensch im Hier-Jetzt gebunden, im
Zentrum totaler Konvergenz des Umfeldes und des eigenen Leibes.”
(a.a.O., S. 292)
49
a.a.O., S. 307
50
a.a.O., S. 301-308. Und:
„Die
Mitwelt gibt es nur als Einen Menschen”.
Exzentrisch
„beruht der geistige Charakter der Person in der Wir-Form des
eigenen Ichs, in dem durchaus einheitlichen Umgriffensein und
Umgreifen
der eigenen Lebensexistenz” (a.a.O., S. 303f.)
- 35 -