JOHANN GOTTFRIED HERDER
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Diese
Besonnenheit,
die umsichtig und aufmerksam halte, habe
nun
mit
ihrer ersten Äußerung
die
Sprache erfunden,
indem sie von den Lebewesen und Dingen das jeweilige „Merkmal”
abzusondern trachte und als
Merkzeichen artikuliere, als roh
abstrahierendes Urteil
wie dieses vom Schaf: „Ha! Du bist das Blökende!”19
Obgleich Herder die
Fortbildung der Sprache durch Familie und Gesellschaft
ausführlich erörtert und auch wiederholt die
nie abzuschließende Erziehung des Menschen betont,
war eine anthropologisch radikale Weiter-
oder Höherentwicklung für ihn nicht
vorstellbar. In den Ideen
behauptet er, daß die Natur „mit dem Menschen
die Werkstätte schloß”, und er führt dort an anderer
Stelle aus:
„Die
Nationen blühen auf und ab; in eine abgeblühte Nation kommt keine
junge ... Blüte wieder. Die Kultur rückt fort, sie wird
aber damit nicht vollkommener ... Die
Natur des Menschen bleibt immer dieselbe;
im zehntausendsten Jahr der Welt wird er mit Leidenschaft
geboren, wie er im zweiten derselben mit
Leidenschaften geboren
ward, und durchläuft den Gang seiner Torheit
zu einer späten, unvollkommenen, nutzlosen
Weisheit.”20
Seinen eigenen
Ansatz, wonach die „Natur des Menschen” in seiner
Kultur besteht, die als zu akkumulierende
folglich auch den Menschen selber immer weiter
umgestalten müsse, denkt
er nicht konsequent weiter.
Er selbst spricht von den kulturellen Leistungen
nur als von der „Kunst, die diesem Geschöpf zweite
Natur ist”,21
und noch nicht, wie seit dem 20.
Jahrhundert üblich, davon, daß der Mensch eine
zweite Natur „hat”. Offenbar wäre
Herder in Konflikt mit seinen theologischen
Überzeugungen gekommen, speziell
mit der These von der Gottesebenbildlichkeit
und damit sakrosankten Gestalt des Menschen.22 Allerdings
wies er den Weg, wenn er
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19
a.a.O., S. 31-34
20
Ideen,
a.a.O., S. 254 und 395f.
21
a.a.O., S. 121
22
Auch wenn Herder diese Ebenbildlichkeit selber dynamisch, als
aufgegebene Annäherung zu fassen
suchte; vgl. Ideen,
a.a.O., S. 129.
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