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JOHANN GOTTFRIED HERDER

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Diese Offen­heit frei­­lich wird bei Herder nicht über die bis­he­ri­ge Ge­schichte hin­aus the­­ma­ti­siert, son­dern auf kon­ven­ti­o­nel­le religiöse Pfade zu­­rück­­ge­­lei­tet.9

    In der konkreten Argumentation jedoch beruft sich Herder statt auf die Schöpfungsge­schichte der Bi­bel auf zeit­ge­nös­si­sche Na­tur­for­scher oder Ethnolo­gen wie Buffon, Linné, Camper, Haller, Tyson und For­ster. Und vor allem auf Blu­men­bach, der als Unterschei­­dungs­­merk­­­mal für den Menschen den auf­rech­ten zwei­fü­ßi­gen Gang an­­führ­te, ihn als den ein­zi­gen Zwei­hän­der unter den Primaten (Spe­ci­es „bi­ma­na”) und als ein in­stinkt­re­duziertes so­wie ursprünglich wehr­­lo­­ses We­sen de­finierte („homo in­er­mis”).10 Mit letz­te­rem scheint die Herder zuge­schriebene These vom Men­schen als ei­nem „Män­­­gel­­­we­­sen” über­ein­zu­stim­men. Herder ist je­doch weit zu­rück­hal­ten­der und weist in der Regel so­gleich auf die Aus­stat­tung des Men­schen mit an­deren und höheren Fä­higkei­ten hin. So führt er in den Ide­en aus, daß beim Men­schen das Neu­ge­bo­re­ne deshalb un­gleich schwä­­­cher ist, weil im Unterschied zum Tier al­les „dem Haupt zu­er­­schaf­­­fen worden, das übermäßig groß ... auf die Welt tritt”; „das  schwa­che Kind ist al­so, man will, ein Invalide sei­ner

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9 „Unsere Humanität ist nur Vorübung ... die Erde ist nur ein Übungs­platz, eine Vorbe­reitungsstätte”. „Mit dem Gurt des Him­mels ge­gür­tet, set­ze fröh­lich deinen Wan­der­stab weiter” (Ide­en, a.a.O., S. 149 und 143). Im nachgelassenen Ent­wurf der Humani­tätsbriefe stellt Her­der je­doch die fol­gende Frage und schreckt vor ihr so­­gleich zurück: „Soll und kann der Mensch mehr als ein Mensch, ein Über-, ein Au­ßer­mensch werden? Das soll und kann er nicht; das hoffet und wün­schet von uns Nie­mand. Nur aber Mensch soll er sein; in allen Gliedern des Ge­schlechts soll Mensch­lichkeit (Hu­ma­ni­tät) an­er­kannt werden, wir­ken und le­ben.” A.a.O., S. 803

10 Vgl. Johann Friedrich Blumenbach, Handbuch der Naturge­schich­te (12. Aufl. Göttin­gen 1830). Nach der ta­xo­no­mi­schen Be­stim­mung („Ho­mo. Erectus, bi­ma­nus.”) merkt er noch an: „Der Mensch ist für sich ein wehrloses, hülfs­be­dürf­ti­ges Ge­schöpf. Kein anderes Thier ... bleibt so lange Kind” (S. 54f.) Ferner: „Der Mensch zeigt außer den Se­xu­al­trie­ben we­nig an­de­re Spu­ren von Instinct: an­ge­bor­ne Kunst­trie­be aber hat er vollends ganz und gar nicht. Was ihm hin­ge­gen für die­sen schein­ba­ren Man­gel ent­schä­digt, ist der Gebrauch der Vernunft.” (S. 37)


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