BILDER FONTANES GEGEN DEN TOD. ›L'ADULTERA‹
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Daß
der Ehebruch unter Palmen stattfindet, deren orchideenberankte
Blattkronen sich laubenartig fest und dicht wie ein Versteck über
den beiden schließen,
nimmt in konzentrierter Form die einschlägigen Motive dieser
Erzählung auf. Sexualsymbolisch
ist es das der ehelichen Intimität,
wird doch gerade diese Palmenlaube von Gärtner Kagelmann als
Lieblingsversteck des Kommerzienrats ausgegeben und den
beiden empfohlen.47
Sodann
ist es die vertrackt christliche Argumentationslinie mit der Palme
als Symbol der (jungfräulichen) Mutterschaft; ferner das
musikalisch-erotische Leitmotiv der Wagner-Opern
(namentlich
'Tannhäuser'
und
'Tristan und Isolde', an welch letztere van der Straaten als
Präludium dieser Treibhaus-Szene erinnerte).48
Und
schließlich steht diese Szene noch
im Zeichen von Goethes Roman 'Die Wahlverwandtschaften',
der ja nicht allein in den ausgesprochenen Bezugsstellen wie dem
Zitat "Man wandelt nicht ungestraft unter Palmen" präsent
ist. Schon
Goethes Eröffnungsszene, wie der Baron soeben "Pfropfreiser auf
junge Stämme" gebracht habe,
spielt wie für van der Straaten, dessen so verhängnisvolle
"Berolinismen und Zynismen" einleitend als "etwas
wilde Schößlinge seines Unabhängigkeitsgefühls"
vorgestellt werden, auf die Erzeugung des fremden geheimnisvollen
Kindes im Schoße der bald getrennten Familie an. Das Rätsel der
Erzeugung erstreckt sich wie in den Wahlverwandtschaften auch hier
vom Ehebruch an bis zu der Frage nach dem Aussehen des Kindes
("wem es eigentlich ähnlich ist").49
Statt
eines Jungen ist es allerdings eine Tochter, was dem Erzähler
ermöglicht, den Spaß noch etwas weiter zu treiben und im Anschluss
an die Palmenszene "unseren neuen 'Filialchef" Rubehn mit
der "Etablierung des Zweiggeschäfts" eines Bankhauses
reüssieren zu lassen.50
Van
der Straatens einleitendes Wort von dem "Memento-mori"-Charakter
der Ehebrecherin verweist ebenfalls auf die biblische Verschränkung
von sexueller Naturgewalt und Tod, also auf das Modell der Erbsünde
(verbotenes Essen vom Baum der Erkenntnis als Verfall an den Tod und
Versagung des Baums des Lebens). Und dennoch, der Sündenfall wird in
'L’Adultera' noch
stärker säkularisiert als die Christus-Nachfolge
von Lehnert Menz. Gerade dadurch, daß die Stationen
der Überwindung der Lebenskrise wie entlang der Eva-Maria-Aussöhnung
verlaufen und mit dem Armengottesdienst am
Ostermontag als Buß- und Wendepunkt für Melanie abschließen,
erweist sich die überlegen integrierende Kraft des Zeitromans, der
mit den christlichen Deutungsmustern
sein
Spiel treibt, den Ehekonflikt aber im Grunde
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47
N
IV, 72
48
Zu van der Straatens Ausfällen gegen den "Venusberg-Mann"
Wagner vgl. Heide Eilert, 'Im
Treibhaus. Motive der europäischen Décadence in
Theodor Fontanes Roman "L’Adultera"'.
In: 'Jahrbuch
der Deutschen Schillergesellschaft'
22 (1978), S. 496-517. 49
N IV, 104 50
N IV, 74f und 117
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