BILDER FONTANES GEGEN DEN TOD. ›ELLERNKLIP‹
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https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%A4umlersklippe#/media/File:Tafel_B%C3%A4umlersklippe.jpg
und-Aufspür-Spiel
wie
Beutetiere vor Augen bringt.
Freilich
kommt Hildes Naturell dem entgegen, ihre Indolenz und träumerische
Abwesenheit bei plötzlichem kurzen Aufmerken, ihre verwilderte
Erziehung und diese wie animalische Hingabe an Naturvorgänge, wenn
sie so stundenlang vor dem Feuer dahockt oder den von Staude zu
Staude, von Rittersporn zu Fingerhut fliegenden Hummeln zusieht und
daraufhin vom Grab der Mutter im Zickzack zu der gräflichen
Grabstätte hinaufgeht. Merkwürdig auch ihre Empathie gegenüber
Baltzers Jagdhund, den sie einst aus Furcht vor dem Anblick des
erschossenen Wilderers in einem geheimen Einverständnis
("der Hund, der wohl wußte, was es war")12
umarmt
hatte und der Jahre später Baltzer auf Hildes Spur bringt, wenn sie
wie "traumgetragen" schlafend am Waldesrand daliegt. Auch
Martin, für den Baltzer einmal das Vokabular für einen Jagdhund
benutzt ("Der Junge hat keinen Appell")13,
sucht kurz vor seinem Tod auf komische Weise dieses Hühnerhundes
Herr zu werden: Für das heimliche, doch erlauschte Treffen auf
Ellernklipp tritt er erstmals selber mit Jagdutensilien auf und
flüstert Hilde, um sie an ihr Versprechen zu erinnern, noch zu:
"'Ein Mann, ein Wort!' Und danach rief er den Hund, der aber
nicht kam ..."14
Im
Höhepunkt der Auseinandersetzung, auf Ellernklipp, bezichtigt
Baltzer den Sohn, "auf verbotener Fährte" zu sein; und
wird hinterher von der panischen Vorstellung erfaßt, der
Hinuntergestürzte könnte noch nicht tot sein, und danach wieder von
einem "Schauder natürlichen Mitgefühls … nicht mit dem Sohn,
aber mit der leidenden Kreatur."15
Unwiderstehlich
wird in der Folge die Anziehungskraft, die der drunten im Elsbruch
liegende Tote auf Baltzer ausübt.
Sein
Versuch, den Toten zu verscharren und ihm so "Ruhe" zu
verschaffen, misslingt kläglich. Vorangetrieben wird der
Zusammenbruch des Heidereiters über etliche Zeichen der Impotenz, so
wenn dem wie wissenden "welken" Kind aus seiner Ehe mit
Hilde die Lebensfähigkeit abgesprochen wird, er selber noch am
eigenen Todestag beim Freischießen und Würfeln versagt, wiederholt
beim Trinken absetzen muß und mit gebrochenem Wagenrad liegenbleibt.
Wie er sich dann bei der schrägliegenden Tanne den Tod gibt,
hat der Erzähler in den Einzelheiten ausgespart und für die Lockung
durch den Spukruf ("Vader!") stärker auf die Phantasie des
Lesers gesetzt.
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