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IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI GERMANISTICA

ZU  PROUSTS  ,ICH  IN  MIR’. DOPPELGÄNGER  ALS  SELBSTERWEITERUNGEN

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seiner damaligen Empfindungsweise wieder in uns auf, deutet allerdings auf eine Ausgangsszene zurück, in der man einer Sache oder Person so zugetan war, sie so ganz zu der seinen machte und entsprechend von ihr besessen wurde, dass hierbei in der Re­gel eine Symbiose oder tiefere Lebenseinheit erreicht wurde, vor allem wohl dank jener ichbewussten Empfindungsanteile. Eine Symbiose, die verständlicher machen könnte, wieso Proust in seiner seltenen Begabung, das Erinnerungspotential in diesen zu­fäl­lig sich einstellenden Sinneseindrücken wahrzunehmen und sich ihnen entschlossen hinzugeben, sich anscheinend im Zustand ei­ner veritablen Trance befand, nicht selten stunden- oder nächtelang auf den Durchbruch der sich anmeldenden Erinnerung har­rend.[6] Das Halluzinatorische daran war für mich nie ein Einwand, sondern eine starke Ermutigung. Ob man Proust me­thodisch oder vielmehr in seiner speziellen Begabung folgen kann oder nicht, so dürfte doch ein jeder, der sich dem Thema der Er­in­nerungsbildung widmet, bald selber auf halluzinatorische oder phantomhafte Erfahrungen stoßen. Und zwar nicht allein in den ge­nannten Auraphantasien, die übrigens allesamt der willkürlichen Erinnerung zugänglich waren, sondern auch im anschaulichen Er­leben dessen, was noch vor Ort oder von Angesicht zu Angesicht an das einst Erlebte erinnert. Eine hin­ge­bungsvolle sinnliche Er­fahrung, die zugleich hochreflexiv verläuft, sich vor allem durch Vergleich und Vorstellungskraft entfaltet und wegen dieser poe­ti­schen, die Wirklichkeit transzendierenden Qualität uns so leicht täuschen und irreale oder gespenstische Züge gewinnen kann.


Hierzu gehören die seltenen Momente bei der Rückkehr oder beim Wiedersehen, in denen wir DOPPEL- UND WIEDERGÄNGERN der an­deren wie auch unserer selbst begegnen. Obgleich sie meist umgehend als Täuschungen zu erkennen waren, haben sie mich doch wiederholt erschüttern können und mir damit meinen – unseren – wohl verborgensten und hartnäckigsten Glauben offenbart, den an die persönliche Identität, die hier manchmal nur im Sekundenbruchteil in Frage gestellt wurde. Eine erste, relativ harmlose und weitverbreitete Form war zu Beginn dieser Studie vorzustellen, der Identifizierungszwang nämlich, der einen bei der Rückkehr in ehemalige Wohngebiete überrascht, indem man eine altbekannte Person aus den Gesichtszügen von jemandem herausliest, der sich bei näherem Hinsehen jedoch als Fremder erweist. Ich kann dieser Versuchung immer noch zum Opfer fallen, halte sie aber nicht mehr für eine wunderliche Fehlleistung, sondern für wohlbegründet. Denn in der berechtigten Erwartung, dass sich je­man­des Aussehen nach Jahrzehnten stark verändert haben müsste, werden wir auch von gröbsten Ähnlichkeiten angezogen; um so 

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[6]  Vgl. dazu Proust in seiner Suche a.a.O., Bd. 1, S. 93, Bd. 3, S. 89 oder etwa Bd. 4, S. 370; vgl. ferner Ernst Robert Curtius, Mar­cel Proust (Frankfurt/M. 1973), S. 76ff.

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