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RUTH FLEIGS GALERIE
SCHULKINDER MALEN
Bilderbuch Rob. Rabe
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HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
A ZUR ANTHROPOLOGIE
Sloterdijk-Habermas
Pico della Mirandola
Michel de Montaigne
J. G. Herder
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Helmuth Plessner
Rück- und Ausblick
B ERINNERUNGSBILDUNG
Schock der Rückkehr
Erinnerungsautomatik
Wuchernde Phantasie
Seel. Raumpositionen
Sprache und Erinnern
Besuch als Korrektiv
Identitätsfragen
Steuernde Phantasie
Über das Vergessen
Biogr. Stimmigkeit
Proust. Doppelgänger
Selbsterweiterungen
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI GERMANISTICA
BESUCH ALS KORREKTIV:  WIEDERSEHEN  UND  -ERKENNEN  NACH  JAHRZEHNTEN

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glaubte ich während des Besuchs „empfunden zu haben, inwiefern ich mich damals bei ihm wohlfühlte: dass er wohlwollend und großzügig war”. Das war schon beinahe alles, was ich sogleich nach dem Besuch zu seiner Ausstrahlung notierte, und behaup­te­te damit doch nichts Geringeres als eine emotionale Wesensnähe, das Wiederverspürthaben eines uralten und für mich le­bens­wich­ti­gen Vertrauens, von dem er bei mir nichts eingebüßt hätte, was auch immer ich mir im einzelnen über seinen Wer­de­gang als ehemaliger „Flüchtlingslehrer” in einem dörflich-katholischen Milieu denken mochte. – Wochen später erst er­kann­te ich seine im Gespräch erwähnte Art, uns die Buchstaben mit Hilfe einer lautnahen Gebärdensprache beizubringen, be­stimmt wieder. Allerdings kann oder vielmehr mag ich nachgerade nicht mehr unterscheiden, ob ich ein auf die Dorfschule pro­ji­zier­tes Phantasiebild, das ihn undeutlich und alterslos bei der Ausführung dieser Gebärden zeigt, noch von seiner jüngsten De­mon­stra­ti­on her dorthin übertragen habe, oder ob dies ein altes, erst jetzt wieder in mir erwecktes Erinnerungsbild ist.


*

 

Gut zwei Jahrzehnte nach dem Abitur stattete ich meinem letzten und hochgeschätzten Klassenlehrer, mit dem ich den Fächern Deutsch, Religion und Philosophie so manchen Strauß gefochten hatte, einen Besuch ab und übergab ihm dabei mein jüngstes Buch über den Verfasser des ersten „nihilistisch”-atheistischen Buchs der Moderne! Das sollte wirklich keine provokative Geste sein, setzte aber in der Sache ohne weiteres unsere damaligen Streitgespräche fort. Auch diesmal glaubte er sich wieder mit sanftem Tadel gegen eine religionskritische Bemerkung von mir verwahren zu müssen.


Ich hatte mich nicht angemeldet, klingelte einfach an seiner Haustür und brachte mich in Erinnerung. Er schien doch stärker er­freut als überrascht zu sein und bemerkte beim Abschied, dass ein solch unangemeldeter Besuch im Grunde das beste sei. Seine Frau versorgte uns mit Kaffee und Kuchen und ließ uns dann allein. Er war seit einigen Jahren pensioniert und hatte zuletzt ein Gymnasium in der Nachbarstadt geleitet. Meinen Ausführungen zum einstigen, mich besonders in der Unterstufe so be­drü­cken­den Schulleben widersprach er nicht und äußerte sich auch nicht zu einzelnen Kollegen. Wie bald deutlich wurde, konn­te er sich an bestimmte Ereignisse in unserer Klasse und an meine Mitschüler nur noch vage erinnern, hatte er es doch, wie er dann selbst erklärte, seitdem mit hunderten anderer Schüler zu tun gehabt. Aus meiner Klasse habe ihn seit dem Abitur nur noch Wim Wen­ders wieder besucht, ungefähr zwei Jahre vor mir.

   Wir sprachen von gleich zu gleich. Und doch durchschwebte unser Gespräch der Geist unseres alten Lehrer-Schüler-Verhältnisses bei mir als Respekt, den ich nicht abschütteln mochte, weil er den eigenen rebellischen Sinn und ebenso den Großmut des anderen, oh­ne den er sich nicht hätte entfalten können, in Erinnerung behielt.


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