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I  Philosophica
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Helmuth Plessner
Rück- und Ausblick
B ERINNERUNGSBILDUNG
Schock der Rückkehr
Erinnerungsautomatik
Wuchernde Phantasie
Seel. Raumpositionen
Sprache und Erinnern
Besuch als Korrektiv
Identitätsfragen
Steuernde Phantasie
Über das Vergessen
Biogr. Stimmigkeit
Proust. Doppelgänger
Selbsterweiterungen
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI GERMANISTICA
HELMUTH PLESSNER
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dabei nicht zuletzt auf Plessner berufen.60 Dies nicht ohne Kritik im Detail. Vor allem hat man Plessner immer wie­der vorgeworfen, die Dimension des Ethischen nicht gehörig zu berücksichtigen. Wobei jedoch in der Regel verkannt wird, dass seine Anthropologie im Innersten ethisch fundiert ist und sich mit guten Gründen bei der konkreten Ausformulierung einer Ethik zurückhält. Deren Zeitgebundenheit übersteigend, setzt Plessner eine Reihe fun­da­men­ta­ler Bestimmungen an, die für ihn zum Wesen des Menschen gehören und ständig zu aktualisieren wären. Als „Ich” erlebt er sich als Urheber seiner Handlungen, als frei und dafür verantwortlich; er „ist von Natur sittsam, ein sich im Modus der Aufforderung selbst bändigender, domestizierender Organismus”, der sein Sollen im Ge­wis­sen kontrolliert und sich selber hemmt.61 Diese konstitutionelle Moralität liegt für Plessner jeder sozialen Trieb­ver­drän­gung und Zensur zugrunde, die „höchstens sittenerhaltend, aber nicht sittenerzeugend wirken” können.62 In der geistigen Sphäre der ,Mitwelt’ erfasst sich das Individuum zugleich als „allgemeines” Ich, als Glied einer „Wir-Sphä­re”, die ihrerseits jeder konkreten Ausgestaltung „solidarischen Fühlens und Verhaltens” vorgelagert ist.63 Die­se fundamentale „Respektierung des Anderen” ergibt sich aus der Einsicht des Individuums, dass es zwar „ein in die­sem Hier und Jetzt unersetzliches, unvertretbares Leben” darstellt, selber aber im Grunde zufällig ist und auch ein anderer hätte sein können.64

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60 Vgl. Walter Schulz’ Buchtitel Subjektivität im nachmetaphysischen Zeitalter (Pfullingen 1982) und Der ge­bro­che­ne Weltbezug (Pfulingen 1994). In dem zuletzt genannten Buch stimmt er Plessners Anthropologie im We­sent­li­chen zu („Die Grundstruktur des menschlichen Seins wird von Plessner überzeugend herausgearbeitet”, S. 244), während er in seinem Hauptwerk Philosophie in der veränderten Welt (Pfullingen 1972) noch stärker das „bio­lo­gi­scheSelbstverständnis Plessners kritisiert und gegenüber der ,negativen Metaphysik’ vor allem ethische Vor­be­hal­te anmeldet und „Leitbilder für das Handelnreklamiert (vgl. S. 436-441 und 463- 467). Doch auch hier ist seine zeit­geschichtlich formulierte Forderung durchaus mit Plessners abstrakterem Standpunkt zu vereinbaren: „Der Mensch ist heute gezwungen, sich selbst zu planen, und das heißt, mit sich selbst zu experimentieren, denn ge­ra­de der Mensch der gegenwärtigen Gesellschaft ist mehr denn je als das nicht fertige Wesen zu bestimmen.(Walter Schulz, a.a.O., S. 467)   

61 Plessner, a.a.O., S. 317   62 a.a.O., S. 318    63 a.a.O., S. 344   64 a.a.O., S. 343f.


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