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Sprache und Erinnern
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Über das Vergessen
Biogr. Stimmigkeit
Proust. Doppelgänger
Selbsterweiterungen
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
VI GERMANISTICA

HELMUTH PLESSNER

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Was er in seinem Schaffensdrang an Leistungen und Versuchen hinterlässt, ist seine Geschichte. Sie beweist ihm nicht nur seine Leistungsfähigkeit, sondern auch seine Vergänglichkeit, das Zufällige seiner Existenz und der Welt überhaupt. Notwendigerweise wird er so auf die komplementäre Idee eines Absoluten gebracht, das als alles um­fas­sen­der Seinsgrund ihn selbst definitiv einordnen und mit dem Schicksal aussöhnen könnte. Diese religiösen, im Got­tesglauben kulminierenden Vorstellungen widersprechen jedoch dem geistigen Wesen des Menschen. Als exzentrisch po­si­tio­nier­tes Lebewesen existiert er in Widersprüchen, hat diese ohne ein rückversicherndes metaphysisches „De­fi­ni­ti­vum” auszuhalten und verdankt seine Weiterexistenz allein der Sphäre erworbener, selbstgeschaffener und in der Folge wieder zu überschreitender Kultur. Zwischen der Religion „und der Kultur besteht daher trotz aller ge­schicht­li­chen Friedensschlüsse ... absolute Feindschaft. Wer nach Hause will, in die Heimat, in die Geborgenheit, muß sich dem Glauben zum Opfer bringen. Wer es aber mit dem Geist hält, kehrt nicht zurück.”55


In diesen abschließenden Formulierungen findet das „
Gesetz des utopischen Standpunkts” oder „Stehens im Nirgendwo” seinen nüchternen und unpolemischen Ausdruck. Plessner respektiert das metaphysische oder religiöse Bedürfnis des Menschen, indem er es als höchsten Ausdruck seiner existentiellen Gebrochenheit begreiflich macht. Beharrt gleichwohl auf der kritischen und bleibend prekären Verfassung des Menschen, der auch die „Idee des Absoluten”, eines „Weltgrundes” oder eines kosmisch geordneten „Weltkreises” als unhaltbar zu erkennen vermag.56 Seinem Schlusskapitel über das anthropologische „Gesetz des utopischen Standorts” hat Plessner ein Motto vorangestellt: „δος μοι που στω(Gib mir einen festen Ort, wo ich stehen kann”).57 Es ist dies der Anfang des Archimedes-Wor­tes, das hochgemut abschließt: „και κινω την γην” („und ich werde die Erde bewegen”).

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55 a.a.O., S. 342

56 a.a.O., S. 364. „Diese Idee aufgeben, heißt aber die Idee der Einen Welt aufgeben. Atheismus ist leichter ge­sagt als getan. ... Und doch vermag der Mensch diesen Gedanken zu denken.” (a.a.O., S. 346)    57 a.a.O., S. 341


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