das nach dem Talionsprinzip („... Zahn um Zahn”) mimetisch
zu einer unwillkürlichen Angleichung an den verhaßten Feind führt,
vom Ausschießen der Augen an über das Niedermetzeln
des Viehs bis hin zum Skalpieren. Der drei Jahre nach Ende
des Bürgerkriegs im Militärrock Zurückgekommene
halte nicht viel vom Waffenstrecken und habe
seinen Säbel noch nicht gegen einen Pflug eingetauscht,
erklärt er dem Pfarrer (der biblischen Vision
in Jesaja 2,4 wie zum Hohn). In diesem Stil
macht Ethan weiter, wenn er den Pfarrer bei dessen
Grabgebet unterbricht und ihn später,
nachdem er dem toten Komantschen
die Augen ausschoß, über den „Glauben” der
Indianer belehrt.
Ethans barbarische
Rachsucht droht die ersehnte Heimkehr zunehmend zu vereiteln.
Die Lösung
dieses odysseischen Zielkonflikts
sucht Ford wie
schon LeMay selbstverständlich nicht mehr in
einem antiken, sondern in einem christlichen oder
humanistischen Horizont. Der Verzicht auf
Rache gilt so auch für den reflektierten
„europäischen” Regisseur Munro, der
allerdings alles daransetzt, Gordon zu stellen und ihn auch
wirklich zur Aussprache zwingt. Der Filmemacher
Wim Wenders weist denn auch die vier-
oder dreigliedrige Klaue
keiner Person
ausschließlich zu. Wohl trägt Gordon
ein
besonders ostensibles Exemplar in
seiner Hemdmusterung,
doch wird dies erst in dem Augenblick enthüllt, als er von
seinen Geldgebern zu erzählen beginnt. Diese „Klaue”
alias Mafiahand steht demnach primär für eine dem Profit
hörige Filmbranche, die sich – nicht nur von
„Kredithaien” wie denen hinter Gordon –
immer wieder zu Konzessionen an den vermeintlichen
Massengeschmack nötigen läßt. Sekundär
greift diese Korruption, wie bei John Ford das
Vergeltungsprinzip, auf alle davon Betroffenen
über, die darum hier wie dort, nach dem Ausmaß
ihrer Beteiligung, das jeweilige Stigma des –
mitverschuldeten – Untergangs
tragen.
Wie
Wenders Fords Film und LeMays Buch aufnimmt und in seine eigene
Thematik umsetzt, läßt sich am besten an dem Nachtstück
erkennen, in dem Munro aus seinem Alptraum gerissen
wird (45:15-47:31). Mit dem
skalpähnlich abgenommenen Zopf seiner Tochter
Julia daliegend, ruft der offenbar von der
„Sea-of-stones”-Szene Träumende aus: „Laßt mir meinen
schwarzen Stein, meinen Stein! Gordon, ich seh dich ...” Wie zur
Antwort zersplittert daraufhin eine
Fensterscheibe und wird vom Seesturm ein massiver
Gegenstand ins Zimmer geschleudert: Es
ist ein schwarzer dreigliedriger Strunk, der mehr
einer Klaue oder auch schon einem verkohlten Kadaver
gleicht. Im Umschnitt zeigt die Kamera
von draußen, wie Munro durch das Loch in der
Fensterscheibe heraussteigt; im Gegenschuß
erblickt man die tosende See. Wenn er wieder
zurückgeht, ist im Hintergrund an der Wand eine
Zeichnung auszumachen, die ein umrißhaft
skizziertes Objekt (die Hotelanlage?)
so darstellt, als würden zwei Gestalten von Pfeilen
durchbohrt. Die Kamera aber verharrt noch einmal nah auf
der Stelle, wo ein Brecher durch die Mauerlücke
hereinschlägt. Im Off hat derweil Munro die Stelle
aus ‚The Searchers’ über
einen für Martin unheildrohenden
Stumpf eines Wacholderstrauchs
zu lesen begonnen. Dieser hätte
für ihn jedesmal „beinah die Form
eines Menschen oder eines verschrumpften Leichnams.
Einen Arm ausgestreckt wie bei
einer gekrümmten Geste des Schmerzes
oder vielleicht warnend”. So unerklärlich
ihm das „Gefühl von unabwendbarem Verderben”
sei, so sehr sei er doch davon überzeugt, „daß das ein
Zeichen für ihn darstellte”. Munro schlägt
das Buch, auf dessen Seiten seine vier Finger
lagen, zu und zitiert noch aus dem Gedächtnis
eine nachfolgende Stelle: „Eine böse
Weissagung erfüllt sich immer”. Dann legt er
den Zopfskalp nieder auf den Strunk und fällt in ein
schluchzendes Lachen.
- 7 -