Ähnlich
diffus greifen auch Streifenmuster aus Licht und Schatten gleichsam
von Hammetts Schriftzeilen aus auf die anderen
Schauplätze und Personen über, mit denen er ja
in seiner literarischen Phantasie
weiterhin beschäftigt ist. Von seinem gegen die
Außenwelt abgedunkelten, von
vielfältigen Jalousieschatten übersponnenen
Arbeitszimmer lassen sie sich über das
blaugestrichene Lattenwerk, die
Treppenstufung und Umzäunung seines Hauses
immer weiter verfolgen, bis hinaus zu den Markisen
bei „Cookie’s” und in die Hafenszenerie.
Diese, anfänglich ausdrücklich als Fiktion
ausgewiesen, kann am Ende als „wirklicher”
Schauplatz wiederauferstehen, so sehr ist inzwischen
alles in „seine”, Hammetts, Welt oder
Zeichensprache übersetzt worden. Eine
exquisite Rolle spielt dabei eine Sonderform der
Streifenbildung, das Palmblattmotiv,
das (palma = Hand) mit ausgesuchter, auch religiös
konnotierter Hand- und Fingergestik
einhergeht. Als Hammett, der noch an Tuberkulose
leidet, sich von seinem entsetzlichen
Hustenanfall wieder erholt hat, bemerkt er
jemanden im Zimmer: „Ryan! O
Gott! Ryan!
James Francis Xavier Ryan!” („Ryan! Jesus! Ryan!
James Francis Xavier Ryan!”). Wie
rituell wird der ehemalige Mentor und
Freund dreimal beim Namen genannt.6
Der sitzt nun, das leicht zur Seite hin abgewandte
Gesicht beleuchtet, in einem Sessel da und
liest in dem Manuskript; wie eine Gloriole
vor ihm auf der Wand ein wunderlich aufgefächertes
Licht-und-Schatten-Gebilde (08:00).
Kaum ist neben ihm – wie auch später in Hagedorns
Appartement (s. Photo S.
7) – ein
Lampenschirm mit Palmblattmotiv zu sehen,
spreizt Ryan die Finger seiner Rechten, um
Hammett „einmal eine literarische
Frage” zu stellen: Warum „der alte
Schnüffler” in seinen Detektivromanen,
der den anderen „immer zweieinhalb
Hoppser voraus” sei, eigentlich keinen Namen trage.
Natürlich sei er selbst, Jimmy Ryan, das
Vorbild für diese Figur, alle Figuren
bei Hammett täten nur, was er selbst einst getan. So
idolhaft, wie er ins Bild gerückt wurde, so
autoritär ist sein Anspruch, alles zu
durchschauen und alles zu repräsentieren,
ein Anspruch, der auch auf Hammetts Identität
zielt, auf dessen Selbständigkeit oder
Daseinsberechtigung als Schriftsteller.
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