II. John Fords Film ,The Searchers’ und die Aufnahme seiner ambivalente Zeichensprache im ,Stand der Dinge’
Diese nach
Kalifornien hinüberdeutenden Zeichen sind nun allerdings
filmgeschichtlich tiefer fundiert. Sie verweisen nicht bloß auf den
aktuellen Gegenfilm ,Hammett’,
vielmehr auf das Produktionssystem Hollywood, das einmal so
außerordentliche Filme wie den im
,Stand’ mehrfach zitierten Western ,The
Searchers’/,Der schwarze Falke’ von John Ford
zugelassen hatte. Ein Film, der das Durchhaltevermögen von
Pionieren feiert und auch darin, daß er die Grenzen der
Selbstverteidigung und der Rache thematisiert,
für Wim Wenders wie kaum ein anderer geeignet war, sich bei seiner
„bitteren Aufarbeitung” von der
Fixierung auf das Hollywood um 1980 und von etwaigen
persönlichen Ressentiments zu lösen.
Denn
zum kryptischen Leitmotiv seines Films hat er sich die Klaue in John
Fords ,The
Searchers’ erwählt.
Schon bei Ford ist sie versteckt angebracht, als
phantasievoll variierte Vogelkralle des „Falken” Scar, die auch
als ein mehr oder minder feder-, finger- oder
klippenförmiges Gebilde erscheint, sei es in den
Zacken von Monument Valley, im Zeltgestänge oder diffuser
in Gestalt der an Scars Lanze schaukelnd herabhängenden
Skalps. Eine Klaue, die zugleich Ethans haßerfüllte
Gewalttätigkeit bei dieser
Menschenjagd bezeichnet, etwa im Geäst des toten Baumstammes,
an dem er den Indianerhändler Futterman
in den Rücken schießt; und im Geäst des anderen Stammes, auf
den er sich aufstützt, um die Büffel der Indianer
abzuschießen.
Im
‚Stand
der Dinge’ wird
die Klaue als Leitmotiv vor allem in Gestalt von Finger-Gesten
aufgeboten, der (schwarzen/weißen) Hand
sowie von schwarz-weißen Streifenmustern,
die ihrerseits die Verbindung halten mit Wenders’
Parallelfilm ,Hammett’.
Die Buchvorlage von Fords Film wandert im ‚Stand’
mehrmals tröstlich
von einer (klauenartig photographierten) Hand zur
nächsten, und der Film selbst kommt bei Wenders einmal als
Kinoankündigung in Los Angeles
ins Bild, als sich jemand - unser Regisseur? - mit
flügelartig ausgebreiteten Armen an der Leuchtreklame zu
schaffen macht (1:29:41).
Ford richtet sein ambivalentes
odysseisches Thema so ein, daß die Klaue Täter und Verfolger
zugleich bezeichnet, den „Schwarzen Falken”,
seine von Ethan über Jahre hin zu verfolgende
Spur und ebenso das elementare Verlangen nach Rache und
endlicher Heimkehr. Auch im Buch von Alan LeMay war
dies das Grundthema, Ford aber hat es erst in eine
visuelle Zeichensprache gebracht.
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