John Ford zielt offenbar auf eine visuell-assoziative Verschmelzung Scars mit dieser Felsklippenlandschaft von Monument Valley ab. Dies scheint mir auch die spätere offenbar in „Amerikanischer Nacht” gedrehte Szenerie anzudeuten, wenn Ethan endlich Scars Lager entdeckt: Zeigt nicht der dunkle untere Außenrand des Felsvorsprungs, auf dem er sich angeschlichen hat, in der gewählten Kameraperspektive ein markantes Indianerprofil?
Soweit ich sehe, dürfte wohl Wim Wenders, aber noch kein anderer Cineast oder Filmhistoriker diese subtile Zeichensprache Fords bemerkt. Wie stark jedoch die unterschwellige Wirkung der Vogelkrallen-Zeichen sein muss, mag man daran erkennen, dass der deutsche Verleihtitel ,Der schwarze Falke’ heißt, obgleich dieser Name weder in LeMays Buch noch in Fords ,The Searchers’ vorkommt. Bei beiden heißt der Häuptling dieser Nawecki-Komantschen „SCAR” oder auch „Chief Scar”. Die Wörterbücher geben für das Substantiv die folgenden geläufigeren Bedeutungen an:
Die Wörterbücher geben für das Substantiv die folgenden geläufigeren Bedeutungen an:
I) scar 1. „Narbe, Schramme, Riss” oder auch „Furche, Runzel”
2. „(fig) der (Schand-)Fleck, Makel” bzw. „zurückgebliebene Spur”
II) scar: „steiler Abhang, Klippe”, „Felsenspitze”
Bedeutungsangaben für das Verb: „schrammen, ritzen, furchen” sowie „(fig) entstellen”
Diese Bedeutungskomponenten stimmen ja weitgehend mit den diversen Krallen- und Federzeichen eines solchen „Falken” überein. Der deutsche Häuptlingsname ist eigentlich nur eine Übersetzung dessen, was ohnehin zu sehen ist, sei es direkt in der Kriegsbemalung, sei es in der unmerklich gesteuerten Spurenlese. – Übrigens treibt schon Alan LeMay sein Wortspiel mit „scar”.
John Fords ‚The Searchers’/,Der schwarze Falke’ ist die amerikanische Odyssee. Dieser Odysseus erscheint dabei wie schon bei LeMay in der Doppelgestalt der beiden so zähen Verfolger Ethan (Amos bei LeMay) und Mart(in). Mart, bei LeMay die perspektivische Hauptfigur des Romans, trägt zugleich das Motiv des Heimwehs und der Sehnsucht nach seiner Penelope (Laurie) in sich, was sich am Ende komödiantisch erfüllt, wenn er den dreist auftretenden und geckenhaft gekleideten „Freier” (Charlie MacCorry) eben noch abfangen kann. Ethan (hebräisch „beständig/ausdauernd”) verkörpert das archaische, biblische wie odysseische Racheverlangen, das nach dem Talionsprinzip („... Zahn um Zahn”) mimetisch zu einer unwillkürlichen Angleichung an den verhassten Feind führt. Hier verläuft es vom Ausschießen der Augen des toten Indianers über das Niedermetzeln der Büffel bis hin zum Skalpieren des Todfeindes Scar. Ethan Edwards findet sich also drei Jahre nach Ende des Bürgerkriegs im Militärrock wieder bei der Familie seines Bruders ein. Er halte nicht viel vom Waffenstrecken und habe seinen Säbel noch nicht gegen einen Pflug eingetauscht, erklärt er dem selbstzufriedenen Reverend Captain Clayton, dies wie zum Hohn auf jene biblische Vision nach Jesaja 2,4. In diesem Stil macht Ethan weiter, wenn er ihn bei dessen Grabgebet unterbricht und ihn später, nachdem er dem toten Komantschen die Augen ausschoss, über den eigenwilligen „Glauben” dieser Indianer belehrt.
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