Vor
dem Betrachten der letzten Stunden Munros in Hollywood sollte ich
noch näher auf sein Filmprojekt in Sintra eingehen, sein Remake von
Allan Dwans Film ,The Most Dangerous Man
Alive’ (1961). Für den ‚Stand
der Dinge‘ ist es nicht mehr und nicht weniger als ein
kleiner schwarzer Film
im Film, in dem die Leitmotive des Hauptfilms auch
schon für Munro selbst bedrohlich Gestalt annehmen.
Während
der ersten Einstellung, die einige Personen beim Durchqueren der „Sea
of stones” am Rande einer Dünenlandschaft zeigt, entwickelt sich
in einer Überblendung aus kreisförmigen Lichtpunkten rasch ein
Strahlenkranz. Er
legt sich zunächst um die Personen und erscheint zuletzt, nun allein
gezeigt, als
eine Art Dornenkranz.
Es sind genau 12 wie in dem kranzförmigen Logo der Europäischen
Union angeordnete Sterne. Ist dies nicht schon ein Kontrastbild zu
dem hinter Francis Coppola stehenden und ihn selbst bedrängenden
amerikanischen Produzenten ORION?
Denn letzterer präsentierte damals als Intro zu den Filmen das
bekannte Sternbild mit dem Gürtel, diese acht Sterne, die sich zu
einem Kreis formierten und, immer rascher herumwirbelnd, zuletzt von
dem aufstrahlenden O im Schriftzug „ORION” abgelöst wurden. Das
europäische Unionszeichen hingegen würde demnach die
prekäre „europäische Sehweise”
andeuten, die
Gordon an Munro so schätze und die bei den Hollywood-Mogulen nur auf
völliges Unverständnis gestoßen sei.
Im
Gegensatz zu jenem gewalttätigen Jäger der Antike erscheint bei
Wenders der Sternenkranz als christliches Passionszeichen und stimmt
so auf die marianische oder christologische Szenerie
um das zu tötende eigene Kind ein. Diese Opfertat wird wie in einem
Ritual sorgfältig vorbereitet. Das Tötungstabu wird zunächst auch
dadurch beschwichtigt, dass die Klagelaute des kontaminierten Kindes
mitunter denen eines kleinen Tieres gleichen und ihm die Mutter
(Joan) ein Schlaf- und Trostlied vorsingt. Zudem wird das Geschehen
durch eine erläuternde Parallelmontage gemildert. Geschnitten wird
hierbei wiederholt vom Kindesvater Mark, der den Fallout mit einer
kreisförmig aufleuchtenden Apparatur (mit ebenfalls 12
Lichtpünktchen) überprüft und ein kleines Skelett in einem
Autowrack filmt, hinüber zu dem wimmernden Kind, das zuletzt
rücklings auf einem gemeißelten Felsblock daliegt, als die Mutter
ihm die Bandagen abzuwickeln beginnt. Auf diesem
opferalterähnlichen Stein wird es dann von Mark getötet.
Joans
merkwürdiges Beruhigungslied lautet:
„The
sun will pour on the earth forever, daughter sleep.|... The stars
will walk in the sky forever ...” (03:20-05:06)
Der
Liedtext stammt
nicht
etwa aus Allan Dwans Film, sondern, geringfügig abgewandelt, aus der
Romanvorlage für John Fords Film, aus Alan LeMays ,The
Searchers’!
Als
die beiden Männer nach einem tagelangen Blizzard vom Schnee
zugedeckt daliegen und Mart dem Koma nahe ist, bringt ihn der
Komantschenhasser Amos (Ethan) mit einem
Todeslied
der Komantschen
wieder
zu sich:
„The
sun will pour life on the earth forever ...
(I
rode
my horse till it died.)
The earth will send up new grass forever
...
(I thrust with my lance while I bled.)
The stars will walk
in the sky forever ...
(Leave my ponys’s bones on my grave.)”6)