UNBEWUSSTER TOTENKULT IN DER ERINNERUNG. - PSYCHOBIOLOGISCHE HINTERGRÜNDE
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ich, mir weithin unbewusst, die Verlorenen im Lauf der Zeit in meinen phantasiegesteuerten Erinnerungsbildern wie in einer Gruft oder Krypta beisetzte, in der immer auch ich selbst präsent blieb:
Die so früh verstorbene „Gitti” liegt für mich spürbar in unserem gemeinsamen Heckenversteck am Rande des kleinen Rondells, das mit ihren vom Erfrierungstod bedrohten Alter-ego-Figuren besetzt ist. „Mimi”, als Jugendlicher mit dem Auto tödlich verunglückt, bleibt als Knabe neben mir gegenüber der Eiche hingeduckt, auf der Lauer nach einem Auto, das gegen unsere ausgespannte Schnur sausen soll. „Fränzi” hockt Hand in Hand mit mir in unserem Kellerloch-Versteck, derweil die anderen immer noch nach uns fahnden. Das Wyker Mädchen bleibt verschollen und etwas in mir weiterhin auf der Suche nach ihr. Elke schließlich lebt in ihrer letzten Schülerrolle als Schneewittchen fort, als Scheintote, der ich wenigstens so, als damaliger „Ersatzzwerg”, noch über Jahre hin verbunden blieb.
Tausend andere Momente mit ihnen habe ich vergessen zugunsten dieser ausgewählten Erinnerungsszenen, die den Verlust sinnbildlich festhielten und mir zugleich, wie bei meinen vor dem Gymnasium beigesetzten literarischen Doppelgängern, Trost spendeten, indem ich selbst jedes Mal in die Nähe dieser Verschollenen gebannt blieb. Wohl nur auf diese Weise konnte ich sie mir auch seelisch erhalten.
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Wie ich nun meine Doppelgänger, Schatten und Nebenexistenzen nicht länger als Bedrohung empfinde, sondern sie seit einiger Zeit als Erweiterungen meiner selbst auffassen kann, so wird mir umgekehrt dieser Selbstbehauptungswille immer suspekter, zu dem ich als Kind so grandios flüchtete, als ich mich in visionärer Evidenz von der eigenen Nichtsterblichkeit überzeugte. Steht nicht hinter diesem angeblichen Willen zur Selbstbehauptung, der unsere ureigensten Interessen durchzusetzen vorgibt, ein überindividuelles biologisches oder krudes genetisches Gebot, das sich als solches entpuppt, wenn es das Selbst als Individualität nach getaner Lebensarbeit wieder fallen lässt? Meine kindliche Unsterblichkeitsvision war eigentlich schon über diese blanke Existenzerhaltung hinaus, war zwar auch eine elementare Antwort auf meine verkappten Suizidphantasien, versprach mir aber des Weiteren eine selbstbestimmte und nicht länger stumme Existenz.
Wie hier spielen biologisch-vitale und geistige Bestimmungen regelmäßig ineinander. Die Treue zu sich selbst, wie sie nicht zuletzt in den unendlich vielen Erinnerungen zum Ausdruck kommt, folgt so vermutlich selber einem allgemeineren biologischen Programm, das sich eben auch individuieren muss, um möglichst flexible Antworten zu geben und parat zu halten. So dass das Kind in uns zu unserem eigentlichen, geistigen Vater wird, indem gewisse frühe Überlebenstechniken, die sich bewährt hatten, in uns fortgeschrieben werden. So wurde ich während der Erinnerungsbeschreibung meiner Jugend öfter auf Wiederanknüpfungen an erfinderische
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