Nachmittags
fahren wir im Reisebus in nordöstlicher Richtung weiter nach Suzhou.
Beim Verlassen von Hangzhou passieren wir eine dieser üppig
bepflanzten chinesischen Verkehrsinseln, ein
Autobahnkreuz, in dem man an die zehn Reihen von Bäumen, Sträuchern
und Hecken konzentrisch angeordnet hat. Und kommen ungefähr
eine halbe Stunde später an einigen modernen
ländlichen Siedlungen vorbei, deren burgähnliche
Häuser öfter von Türmchen im Pagodenstil gekrönt
werden. Im großen Stil finden wir dann diese
Konstruktionsweise bei Wolkenkratzern
in Shanghai und Kanton wieder.
Während
der zweistündigen Fahrt überquert der Bus mehrmals den Kaiserkanal,
dessen südlicher Endpunkt in Hangzhou liegt und der 1800 km weit
über Suzhou bis nach Beijing verlief. Heute ist er nicht mehr
durchgängig schiffbar. Ähnlich wie die Chinesische
Mauer und ungefähr zur selben Zeit wurde dieser "Große
Kanal", der zugleich mit dem Fernhandel auch die
Naturalabgaben an den Kaiserhof sichern und
beschleunigen sollte, in Teilstücken erbaut. Mit Erfindung
der Schleuse um das Jahr 1000 wurde er über acht Stufen
schrittweise umgebaut; vorher mußten die Schiffe
über Rutschbahnen oder Rampen die Höhenunterschiede
bewältigen und wurden dabei oft beschädigt. Der
bis zu 40 m breite Kanal führte anfangs nur von der Kaiserstadt
Hangzhou zu der älteren Residenz Luoyang
und
seit dem 13. Jh. auch zu der neuen Reichshauptstadt Beijing. Dabei
verband er allmählich Chinas Hauptströme
wie den Jangtse und den Gelben Fluß mit der für den
Außenhandel eminent wichtigen Metropole Shanghai. So trug der
Kaiserkanal neben seinen ökonomischen
und militärischen Funktionen
wesentlich zur politisch-kulturellen Einheit Chinas bei. Speziell
Suzhou, im 6. Jh. v. Chr. Königsresidenz der Wu, gewann
erst dank dieses Wasserwegesystems seit
dem 14. Jh. als Handelszentrum sowie auf kulturellem
Gebiet landesweite Bedeutung. - Wir
werden morgen ein Stück weit auf dem Kaiserkanal
fahren und dann eine Tour auf den städtischen
Seitenkanälen machen.