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Oben: Terlingua-Klinik in ‘Paris, Texas’ 1983/84 (09:24 auf VLC media player))
Unten: Ausschnitt aus S. 33 meines Filmbuchs ‘Wim Wenders’ (2005)


Auf dem Friedhof von Terlingua (August 2000)


So. 20.8.00:

 

Unser Tagesziel ist die gut 400 Straßenkilometer weiter östlich gelegene Grenzstadt Del Rio, doch machen wir zuvor noch ei­nen größeren Schlen­ker westwärts nach Terlingua. In ‘Paris, Texas’ von Wim Wenders wird hier der aus Mexikos Wü­sten­ge­bie­ten herübergekommene Travis nach sei­­nem Zu­sam­men­bruch in der kleinen Ortsklinik untersucht. Wie dabei die Ka­me­ra den stumm Da­­lie­­gen­­den zeigt, scheint an das be­kann­te Pho­to von dem ermordet aufgebahrten Che Guevara zu ap­pel­lie­­ren. Die erst 1980 ein­gerichtete Paramediziner-Klinik existiert dank man­cher Spen­den im Jah­re 2000 immer noch un­ter der in Film ge­zeig­ten Notrufnummer. Jedermann in den Chisos Moun­tains dürfte diese klei­ne „Non-Pro­fit”-Kli­nik oder viel­mehr Erste-Hilfe-Station im Hinterkopf ha­ben, da sie im Notfall die nächstliegende ist, denn für ein Kran­ken­haus müß­te man gut 2 1/2 Stun­­den bis nach Al­pine fahren. Einen kurzen CBS-Filmbericht des Jahres 1984 über die Kli­nik und ih­ren Be­grün­der John Alex­an­der fin­det man unter: www.vimeo.com/6013454

   P.S.: Die Klinik wurde 2003 geschlossen, weil es im benachbarten Grenzort Lajitas ähnliche Ein­­rich­tun­gen gab, scheint aber inzwischen unter dem Namen „Terlingua Medics” in te­le­me­di­zi­ni­scher Or­ga­ni­sa­ti­ons­form wiedererstanden zu sein. Zu­dem prak­ti­ziert in Terlingua mittlerweile ein skur­ri­ler „Borderline”-Spezialist, der für den Grenzgänger Travis womöglich hilf­rei­cher ge­wesen wä­re als der - von Bernard Wicki tough ge­spiel­te - Te­xas­arzt.


Terlingua verdankt seine Gründung der Entdeckung von Zinnober, aus dem von 1900 bis 1940 durch starke Erhitzung Queck­sil­ber ge­won­nen wur­de. Bis zu 2000 Menschen wohnten einst in der Ort­schaft, und der Name Terlingua - der sich wohl von den drei hier vorherrschenden Spra­chen der Apat­schen, Kiowa und Komantschen herleitet - stand zeitweilig für den zweit­größ­ten Queck­sil­ber­pro­du­zen­ten der Welt. Nach Er­schöp­fung der Mi­nen verfiel die Ortschaft rasch zu einer Gei­ster­stadt, doch sie­del­ten sich hier im Unterschied zu so vielen anderen ame­ri­ka­ni­schen Ghost Towns im­mer wieder di­ver­se Au­ßen­sei­ter oder misfits” an (wie es eine hier lebende Frau von den mei­sten Bewohnern be­haup­tet). Dank des Tou­ris­mus stieg die Zahl der Ein­wohner zwischen 1994 und 2000 von 25 auf 267.

 

Wir suchen noch den Friedhof von Terlingua auf und kommen aus dem Staunen nicht heraus. Of­fen­bar hat die Wü­sten­land­schaft eine eigene wü­ste Bestattungskultur nach sich gezogen. Zu­dem, so mein Eindruck auch von jüngeren Web­sites her, ha­ben sich in Ter­lin­gua ungewöhnlich vie­le Spaß­vö­gel ein­gefunden.

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