Ansonsten
entsprechen meine
Erinnerungsbilder
annähernd dem Vorbild. So leuchtet die Poseidon-Statue, die
schon inmitten des Getümmels „starr” wirkt,
tatsächlich in einem grellen Blitz grünlich auf und
macht auch in diesem Moment, einer Nahaufnahme,
noch am ehesten einen maskenhaften Eindruck. Daß
die Abfolge der Hauptszenen eine andere
ist als die von mir erinnerte, erklärt sich aus der
geschickten Rückblendetechnik
des Films. Camerini, der am Drehbuch beteiligt
war, hat hier die genuin filmische Lösung
gefunden, von der Phäakeninsel als der
letzten Station der ,Odyssee’ her die wichtigsten
Etappen der Vorgeschichte über
Erinnerungsbilder einzublenden. Dies
wiederum eigenwillig motiviert – anders als bei
Homer – durch eine Amnesie, die der
Schiffbrüchige nach seinem Aufenthalt
bei Circe erlitten hätte. So auch kommt eine
weitere tiefe Dimension in diese Geschichte:
Odysseus’ verzweifelte Suche nach der
Erinnerung, nach der verlorenen Jugend
und der eigenen Identität.
Wie
beim Wiederbetrachten üblich, erkenne ich auch hier eine Reihe von
szenischen Details und Figuren wieder,
die mir
nicht mehr frei erinnerlich waren:
– Altbekannt
als Nebenfiguren sind mir noch die Schaffnerin Eurykleia und der
Schläfenlöckchen tragende, Odysseus' Amnesie
klug kommentierende Leibarzt am
Phäakenhof, nicht aber die – schauspielerisch blasseren
– Gestalten des Mentor, Telemach und der Nausikaa.
So auch ist mit unter den Freiern allein der
männlich-dreist auftretende Antinoos (Anthony
Quinn) noch vertraut, vor dem sogar Penelope
dahinzuschmelzen droht; und unter den
von Circe aus der Unterwelt hergebannten Schatten die
Totschläger-Physiognomien von Achill und
Ajax. Und
im Ohr habe ich noch
das Hochjagen
der Stimme von Odysseus' Mutter, als sie ihn beschwörend
an die Heimkehr erinnert.
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