Quelle: www.benjowskitea.de/Teeanbau_Historie,278.html Quelle für das untere Photo: www.cits.net/china-guide/china-traditions/dragon-well-tea.html
Hangzhou
gilt als Heimatstadt des grünen chinesischen Tees und im besonderen
des erlesenen Drachenbrunnentees
(Longjing),
der eine über 1200-jährige Tradition
hat. Einst war er ausschließlich dem Kaiser vorbehalten, für den
Mädchen mit goldenen Scheren lediglich die Knospen
oder das jeweils jüngste Teeblättchen abschnitten.
Noch heute hat dieser Tee insofern eine gewisse
Exklusivität bewahrt, als die kostbarste
Frühernte von Ende März in China bleibt und nur die späteren
Ernten exportiert werden. Bis in den Oktober
hinein lassen sich von derselben Pflanze 20 bis 30 Mal
Blätter ernte, die letzten Ernten jedoch pflegt man zu
schwarzem Tee zu oxidieren.
Das
von unserer Reisegruppe besuchte Teehaus einer
Fabrik liegt in der Nähe des Westsees am Fuße eines Plantagehügels.
Von den Teesträuchern oder "Teebäumen",
wie man in China lieber sagt, wird bis
heute nur die Knospe zusammen mit
den beiden jüngsten Blättern von Hand geerntet; sie
sollten höchstens 1,5 cm lang sein. Nach der Ernte werden
die Blätter wie die aller Grünteesorten nicht
fermentiert (oxidiert), vielmehr entzieht man ihnen bei
Bewahrung des Chlorophylls die
Feuchtigkeit durch
Rösten in einer Gußeisenpfanne. Die so vor
Bakterienbefall geschützten und auch
geschmeidiger gewordenen Teeblätter
werden anschließend per Hand gerollt und getrocknet.
Nach
einem kurzen Vortrag über Geschichte und Zubereitung des
chinesischen Grüntees serviert man jedem von uns ein Glas
Drachenbrunnentee. Aufbrühen sollte
man ihn bei ungefähr 85°, um Inhaltsstoffe und Aroma zu erhalten.
Beim ersten Aufguß zum "Aufwecken" des
Tees füllt man das Glas nur zu einem Drittel und läßt es
über eine halbe Minute lang im Uhrzeigersinn
rotieren. Erst dann wird das Teewasser auf Zweidrittel
des Glases aufgefüllt; vor dem Trinken läßt man die
Blätter mindestens eine weitere Minute
lang hinabsinken. Bei mehreren Gästen wiederholt der
Einschenkende jeden Zwischenschritt
Person für Person und macht so "schichtweise"
die Runde. Zwei- bis
viermal
kann man nachgießen, und zum Abschluß trinken viele die
Teeblätter einfach mit.
Der
Longjing schmeckt zuerst etwas bitter und zuletzt eher nach
gerösteten Maronen. Zum sinnlich-ästhetischen
Genuß gehört für manche, den dampfenden
Tee vor Augen zu halten, auch sollte man ihn zur
Bewunderung der hellgelben Farbe
ausschließlich im Glase trinken. Empfohlen
wird dieser Grüntee merkwürdigerweise
sowohl zur intellektuellen Schärfung
als auch - bei anderem Koffeingehalt? - zur
kontemplativen Ruhe. Letzteres
gilt speziell für die Mönche des hiesigen
Lingyin-Klosters, die den grünen Tees für ihre
langanhaltenden Meditationen
in Chinas buddhistische Klöster eingeführt hatten.
Die
Frühlingsernte nach dem ersten
Regen ist auch bei anderen Grünteesorten die kostbarste. Als
Geruchsprobe werden uns in Körben die Ernten vom März, April und
Mai präsentiert, darunter nach Heu riechende gehäckselte
Teeblätter. Heutiger Grüner Tee wird kaum noch - wie auf der
historischen Abbildung zu sehen - in der Sonne
gewelkt, sondern bei Zimmertemperatur vorgetrocknet
und dann ebenfalls geröstet.
Einige
unter uns probieren noch den grünen Blumentee, der auf dem Photo
oben rechts im Vordergrund zu sehen ist. Wird die Knospe oder
"Teekugel" zur Aromatisierung
in den Tee gegeben, sinkt sie allmählich im heißen Teewasser ab und
entfaltet dabei ihre Blüte.
Mit
etlichen hübsch verpackten Teesorten oder aromatisierende
Zutaten wie Orangenschalen und Weißdorn verlassen wir das Teehaus,
um nach dem Mittagessen endlich auch den
vielgepriesenen Westsee kennenzulernen.
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