Home
Impressum
RUTH FLEIGS GALERIE
SCHULKINDER MALEN
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
Alt-Walsum 1951-53
OB-Holten 1953-55
OB-Sterkrade 1955-65
VI GERMANISTICA


‚INTOLERANZA’, Text und Karikatur von Wim Wenders (‚KREISEL’ Nr. 3/1962)


Nur zögerlich oder verkappt beteiligen sich andere Schüler an der Kritik. In Heft 3/1963 erzählt ein Anonymus in seiner in Irland spielende Kurzgeschichte ‚der brief’, wie der 13-jährige Schüler Michael O’Gomery vor einem ‚Blauen Brief’ seines „Städtischen Jungengymnasiums”(!) flüchtet und schließlich von der Polizei aufgegriffen wird. Der Brief habe aber nicht die Nachricht von seiner Nichtversetzung, sondern „nur die Quittung für einen Täuschungsversuch und flegelhaftes Benehmen” enthalten. Diese Erzählung läßt sich als doppelte Travestie lesen, dürfte nämlich zum einen den im selben ‚Kreisel’-Heft von unserem neuen Schulsprecher beklagten Vorfall aufgreifen, daß der Polizei das „fle­gel­haf­tes Benehmen” einiger Schüler unseres Gymnasiums aufgefallen wäre. Und reflektiert sicherlich zum anderen die Monate zuvor erfolgte Flucht unserer Mitschüler Hans-Robert Lutz und Heinz-Jürgen Maas, die in Spanien von der Polizei aufgegriffen wurden und von deren weiterem Schicksal in Heft 1/1964 vermeldet wird: „Der ‚Ausreißversuch’ der Schüler ... (O II) endete mit deren Entlassung von unserer Schule. Sie besuchen jetzt das Gymnasium in Bottrop”.


Die von Bodo Harenberg herausgegebene ‚Chronik 1960’ merkt zu der damals von den Kultusministern beschlossenen ‚Oberstufenreforman: „Das in dem Reformwerk for­mu­lier­te Ziel, ‚die Erziehung des Schülers zu geistiger Selbsttätigkeit und Verantwortung zu fördern’, ist unter den bundesdeutschen Pädagogen keineswegs unumstritten”; an man­chen Gymnasien sei die Reform sogar „bis in die 70er Jahre hinein” verzögert worden (S. 160). Und in einem Beitrag zur „Nazi-Zeit in den Schulbüchern” ist dort zu lesen: „Noch immer wird die Zeit zwischen 1933 und 1945 in vielen Lehrbüchern verharmlosend dargestellt”; so werden in einem Buch „Hitlers ‚Eingriffe in die geistige Freiheitmit 15 Zei­len, die Judenverfolgung mit acht beiläufigen Sätzen abgehandelt” (S. 33). Ich entsinne mich noch lebhaft, wie ich in unserem Geschichtsbuch auf die folgende Kapitelüberschrift sto­ße: „Verfolgung der Juden und der Kirche” (oder gar umgekehrt); und wie ich meinen katholischen Sitznachbarn Norbert empört auf die für mich dreiste Schamlosigkeit hin­wei­se, Opfer und Täter in einem Atemzug zu nennen. Denn für mich waren schon damals die christlichen Kirchen selber die historisch einflussreichsten Quellen des An­ti­se­mi­tis­mus. Auch schien mir die als „abendländisch” verbrämte Geistesdressur an unserem Gymnasium in einer langen christlichen Tradition zu stehen. Wollte doch der Haupt­ver­ant­wort­li­che für das Klima während meiner Sterkrader Schulzeit 1955-65, Herr Oberstudiendirektor Dr. Otto Lorenz (geb. 1911), die „Schülermitverwaltung” nach dem Vorbild seiner Klosterschule Roßleben eingerichtet sehen. So sei ihm denn meine letzte Seite gewidmet.


- 65 -

ZurückWeiter
Top
http://www.fleig-fleig.de/