Quellen: Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums’ (Oberhausen 2005, S. 48, 26 und 144) https://fvs-gymnasium.de/index.php?option=com_content&view=article&id=8:das-lehrerteam&catid=25&Itemid=536
Jene
Rahmenbedingungen, insbesondere die Zeitvorgaben, änderten sich
schlagartig mit Beginn des Studiums, und schon Monate nach dem Abitur
wurden meine schriftlichen Arbeiten statt mit der alten Dauernote
„ausreichend” durchweg mit „sehr gut” bewertet. Was mich
nicht im geringsten verwunderte und von mir nicht einmal als
Genugtuung empfunden wurde, sondern schlicht als
Selbstverständlichkeit.
Hätte
man diesen Zeitdruck nicht schon in der Oberstufe von uns nehmen
können, indem man uns statt der „Klassenarbeiten” das eine oder
andere komplexere Thema auch zu Hause schreiben ließ? Möglich war
dies damals nur für Referate in den Wahl- und Randfächern wie
Philosophie und Gemeinschaftskunde sowie für die „Jahresarbeit”
vor dem Abitur. Schriftliche „Hausarbeiten” hingegen
waren in ihrem Problem- und auch Lösungsniveau weithin genormt und
schon wegen ihrer stundenweisen Fälligkeit auf keine nennenswerte
Vertiefung hin angelegt. Wie zu sehen, ging es meinem
Deutschlehrer jedoch nicht nur um das Fragmentarische meiner
Aufsätze. Sie waren ihm auch „zu kritisch” in dem Sinne, dass
ich die schriftliche Aufgabenstellung
als solche nicht unbefragt übernahm,
sondern sogleich einer begrifflichen Analyse unterzog, die der
Untersuchung eine eigene, von ihm und dem Unterrichtsprogramm so
nicht intendierte Richtung geben musste. Ein Eigensinn, der sich in
dieser Intellektualität erst in der Oberstufe herausbilden konnte,
im Grunde aber nur eine andere Erscheinungsform jener Mentalität
war, die schon ungefähr im elfjährigen Quintaner Gestalt annahm,
in meiner trotzigen Gewissheit nämlich, die Sache eigentlich besser
verstanden zu haben oder doch verstehen zu können als der mich
abfragende unzufriedene Lehrer.
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