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VI GERMANISTICA

 
Paul Höltgen alias STIPP (*1895)

 
Raimund Hirschberg alias WUPP (*1890); rechts zu meiner Zeit (1957)

Quelle für die Fotos: ‘Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums’ (Oberhausen 2005, S. 54 und 48)


MATHEMATIK


Während ich in der Grundschule für „Rechnen” immer die Note „gut” oder auch „sehr gut” erhielt, bin ich in Mathematik binnen kurzem auf „mangelhaft” ab­ge­stürzt. Als hierfür Mitverantwortliche fallen mir nach einigem Entsinnen zwei für mich ineinanderfließende Lehrergestalten ein, von denen die eine von den Schülern „Stipp”, die andere „Wupp” genannt wird. Zusammen ergeben sie ein dürres altes Männchen mit hellblondem Resthaar, zierlicher Brille und Hörapparat. Hinter sei­nem Rücken machen wir Schüler dreiste Späße, doch wehrt sich dieses Männlein noch heftig: Schlägt es nicht mit einem Stock oder Lineal auf die hin­zu­hal­ten­de Hand? Und zieht es dem Sünder auch kräftig am Ohr oder verteilt es lieber Kopfnüsse?

 

Mein Klassenkamerad Willi konnte Mitte der 90er Jahre die eine Person als STIPP” identifizieren; sie habe ein Hörgerät getragen und „etwas Liebliches” an sich gehabt. Mein späterer Mitschüler Gerd schrieb mir: „Er ...war schwerhörig und hatte ein riesiges Hörgerät in der Brusttasche seines Anzugs. Er hatte mich als damaligen Klassensprecher immer wieder zu <Schuldirektor> Lorenz geschleppt, weil seiner Meinung nach in der Klasse ständig gemurmelt wurde. Er meinte da­mit den Höllenlärm, den wir in seinen Mathestunden verursachten. In der Quinta oder Quarta sind wir einmal alle während seines Unterrichts aus dem Fen­ster auf den Schulhof gesprungen. (der Raum war nahezu ebenerdig gelegen).”

   Seinen Hörschaden hatte Herr Höltgen als Kriegsfreiwilliger (zuletzt Unteroffizier) im 1. Weltkrieg erlitten. – Sein Abitur legte er laut seinem preußischen Per­so­nal­blatt in Warendorf ab und unterrichtete seit 1928 in Sterkrade, und zwar neben Mathematik auch Physik und Chemie.

 

*

 

Nachdem mir nun Stippdeutlicher geworden ist, hat sich mir zugleich sein Mitbruder WUPP” klarer von ihm abgetrennt. Dieser kommt mir nun bedeutend ener­gi­scher vor, doch vom Jackett bis in die Gesichtsfarbe ebenfalls als eine Gestalt grau in grau.

Seinem Personalbogen zufolge machte Herr Studienrat Hirschberg 1910 im westpreußischen Thorn sein Abitur und unterrichtete bei uns seit 1927 außer Ma­the­ma­tik noch Physik sowie Biologie. Auch er hatte sich 1914 als Kriegsfreiwilliger gemeldet und wurde 1916 zum Leutnant befördert. Nach Bombardierungen un­se­rer Schule und ihrer Schließung im Sommer 1943 leitete Herr Hirschberg in Böhmen und Mähren das Sterkrader Schülerlager der KLV („Kin­der­land­ver­schi­ckung”); 1944/45 wurden dort „alle Lehrer und die über 14 Jahre alten Schüler zum Volkssturm eingezogen, kamen aber glücklicherweise nicht zum Ein­satz (vgl. S. 19 und S. 52-54 der oben genannten 'Festschrift'). Bis gegen Kriegsende soll er sich in Sterkrade öfter in SA-Uniform gezeigt haben.

Arno Guminski, der 1954 in Sterkrade das Abitur ablegte und später hier Deutsch und Englisch unterrichtete, erinnert sich mit leichtem Grausen an ‚Wupps‘ „wiederholte und eindringliche Ausführungen, daß man zum Wohle der Füße jeden Tag die linke und rechte Socke unbedingt über denselben Fuß streifen müsse” (S. 54 der ,Festschrift' ).

    Ja, auch ich habe dies einmal aus ‚Wupps‘ Munde vernommen, es aber wohl nicht ernst genommen.

Peter Fengels, ebenfalls Schüler eines früheren Gymnasialjahrgangs, weiß noch zu berichten: „Wie er erzählte, hatte er seinen Namen nach einem Chi­ne­sen 'Wupp bei Fu', dem er ähnlich sah.Mir freilich kommt der Verdacht, dass sich sein Spitzname lautmalerisch dem „Wupp” seines Rohrstocks ver­dankt. Denn auch andere Schüler erinnerten sich an diese Stockschläge.

Meine beiden ersten Mathematiklehrer jedenfalls mussten in ihren letzten Berufsjahren noch den Spott der Enkelgeneration aushalten. Keinen der beiden ha­be ich je lächeln oder lachen gesehen.

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