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Wilhelmine Wichmann alias MINNA 1957/58 (*um 1909); sie legte 1929 an unserer Schule das Abitur ab.

 

Dr. Georg Kienapfel alias KNAPPEL 1957/58 (*1896 †1977)?

Quelle für beide Fotos: ‘Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums’ (Oberhausen 2005, S. 48)


BIOLOGIE


Hierin unterrichtet uns zunächst MINNA”, eine rundliche grauhaarige unverheiratete Frau, die altmodische dunkle Blusen und Kleider trägt. Sie ist die einzige Stu­dien­rä­tin an unserem Gymnasium. Ihre Unterrichtsthemen und Hausaufgaben lähmen mich geradezu: Andauernd sollen wir irgendwelche Stempel, Pollen und Blü­ten­stän­de auswendig hersagen oder zeichnen, mitunter auch Gräschen sammeln und aufkleben. Das alles ist ja dermaßen langweilig!

 

Ein Sterkrader Gymnasiast, der 12 Jahre nach uns das Abitur machte, wusste auf seiner Jahrgangsseite noch zu berichten:

Legendärer Ausspruch: „Wer kichert, fliegt raus!“ (einleitende Worte zur Einführung in die Sexualkunde).“

Ja, es war wohl noch in der Unterstufe, als Minna” in streng naturkundlicher Manier auch uns einige indirekte Hinweise auf so etwa wie menschliche Sexualität gab.

 

Ein anderer Abiturient jenes Jahrgangs 1977 äußerte sich zur Erscheinung unserer Biologielehrerin wie folgt:

Och je, Minna Wichmann mit ihren grauen Kutten! Die war ja irgendwie aus der Zeit gefallen.

 Passte in einen Schwarzweißfilm, der in der Kaiserzeit spielte. Okay, vielleicht noch Feuerzangenbowle.“

 

Wie in unserer Schülerzeitschrift Der Kreisel zu lesen, nutzte sie 1959 den Biologiesaal für eine Adventsfeier der katholischen Schüler der Sexta A und B und führte 1962 die Untersekunda in die Essener Villa Hügel zu der Ausstellung ‚Frühchristliche Kunst aus Rom (unser Kunstlehrer, Herr Schäcke, hatte ihr vermutlich gern den Vortritt gelassen).

   In einem Jahrzehnte später angefertigten Bericht der Fachschaft Biologie über das von MINNA und anderen hinterlassene Arbeitsmaterial heißt es:

Die im Sammlungsraum (4x3m) vorhandenen Materialien (Einmachgläser und Co) stammen zum überwiegenden Teil aus der Küche und beglückten wahr­schein­lich schon mehrere Schülergenerationen ... Es existierten immerhin acht Lichtmikroskope mit Spiegelbeleuchtung, entsprechende Objektträger und Deck­gläs­chen. Etliche Herbarien und Sammlungen von Zeitungsausschnitten und losen Buchseiten, sowie ein eingelegter Bandwurm und Nierensteine zeugten vom Fleiß und vom Sammlertrieb der an der Schule unterrichtenden Kollegen und besonders einer Kollegin, die mit nahezu männlicher Hand und einem gewissen Drang zur systematischen Biologie sowie naturgegebener Strenge in der Sammlung Ordnung gehalten hatte ... Glanzstücke dieser Sammlung von Präparaten wa­ren und sind heute noch ein Elefantenfuß, ein menschliches Skelett und das Pferdebein." (Ulrike Kirschall in: 'Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Frei­herr-vom-Stein-Gymnasiums', Oberhausen 2005, S. 103).Auf S. 18 findet sich dort der Hinweis, dass im März 1942 die "Sammlungsräume der Chemie und Bio­lo­gie durch Bomben zerstört" wurden und im September 1942 auch die "Physik-Sammlung".
 

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Nach „Minna” oder abwechselnd mit ihr unterrichtet uns Herr Dr. Kienapfel, der, wie ich im Lauf der Zeit erfahre, ein „Regierungsrat” und bekannter Nazifunktionär ge­we­sen sein soll. Das souveräne ruhige Auftreten dieses gedrungenen, beinahe glatzköpfigen und in meiner Erinnerung braungebrannten<!> Mannes hat etwas Ma­je­stä­ti­sches, auch die Nüchternheit, mit der er seine Ohrfeigen verteilt – beim Zahnarztsohn Wolfgang immer „mit schönem Gruß an den Vater”. Und ganz gelassen er­klärt er uns, dass junge Soldaten selbstverständlich immer auch Huren zu ihrer Verfügung haben müssten. Das Fach Biologie oder zumindest die Pflanzenkunde scheint ihm nicht so am Herzen zu liegen. Er hält sich jedenfalls öfter an die Zoologie, und so ist denn auch seine Person für mich undeutlich mit dem Löwen aus ‚Schmeils Tierkunde’ assoziiert.

P.S. 2018: Es war dies offenbar der 1896 in Heiligenbeil (unweit Königsberg in Ostpreußen) geborene Regierungs- und Schulrat Dr. Georg Kienapfel, der 1931 in Königsberg zum Dr. phil. promoviert wurde. 1956 wird bei der Gratulation zu seinem Silbernen Doktorjubiläum Oberhausen als sein Wohnort genannt. Herr Kienapfel zog Anfang der 1960er Jahre mit seiner Ehefrau nach Freiburg/Breisgau um und verstarb dort 1977.

 
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