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RUTH FLEIGS GALERIE
SCHULKINDER MALEN
Bilderbuch Rob. Rabe
Kritzel-Kratzel
HORST FLEIGS TEXTE:
I  Philosophica
II  Reiseberichte
III Zu Wim Wenders
IV Film und Kindheit
V Mitschüler/Schulen
Alt-Walsum 1951-53
OB-Holten 1953-55
OB-Sterkrade 1955-65
VI GERMANISTICA



Tagebuchnotizen des Neunjährigen, darunter zum Schulrektor, zu unserer Religionslehrerin



(„Fr. Bender”) und zu zwei Fußballspielen.


An meinen Schulschreibheften gefallen mir die Etiketten mit ihren zart gezogenen bläulichen Linien und abgerundeten Kanten. Ich mag die Hefte gern benutzen und stelle auch mit ziemlicher Befriedigung fest, daß unser Rektor nur selten einmal einen Diktatfehler darin vermerken kann.

   Gegen Ende des 4. Schuljahres will mein Vater, dass ich von nun an ein Tagebuch schreibe. Ich bin aber auf der Hut und erwähne nur diejenigen mei­ner Übeltaten, die harmlos sind oder schon entdeckt und bestraft wurden.


Dieses Tagebuch, eine Kladde mit bläulich-schwarz marmoriertem Pappdeckel, ist das älteste von mir erhaltene schriftliche Dokument. Ich führte es von Herbst 1954 bis Anfang 1955. Ich weiß nicht mehr, ob ich von Beginn an eine Falle witterte oder das Ganze zunächst nur als eine Be­stra­fung ansah, so wie Vater meinem Bruder und mir später Strafgedichte sowie -aufsätze aufgab. Es sieht so aus, als hätte ich dies damals selber herauszubekommen versucht, findet sich doch schon am zweiten Tag der leicht provokante, wie in einen Potentialis gekleidete Eintrag: „Schlech­tes Wetter Mittags, so dass ich keine Streiche spielen konnte.” In den nächsten Tagen werde ich zunehmend kühner (30.10.54: „abends ... Klim­per­män­chen gemacht”; 31.10.: „als der Kerl da an der <Fußballvereins->Kasse mal weg ging, bin ich an ihm vorbeigerannt, denn ich hatt kein Geld mit”). Dann aber gebe ich mich über Wochen hin kreuzbrav und verschleiere gar am 9.11.54 einen erfolgreichen Schummelversuch („Abends fuhr ich umsonst nach Hamborn”, d.h. ich drückte mich am kassierenden Schaffner vorbei). Erst im Januar '55 rücke ich wieder mit kleineren Ver­ge­hen heraus („Kissenschlacht”; „mit Taschenlampe heimlich rausgegangen”). Das sieht denn doch nach dem taktischen Verhalten dessen aus, der sich auf einen Mitleser eingestellt hat. Auch merkt man bald der lustlos und uninspiriert wirkenden Ausführung das Abgepresste an.

 

In meinem Tagebuch ist zur Schule noch zu lesen: Am 4.11.54 „bekamen wir das Heftchen: ‚Till Eulenspiegel’ zum lesen!”

Ich entsinne mich, wie wir über Till sprechen, der alle Befehle und Aufträge so wörtlich-wild ausführt.

 
Am 13.12.54 hatten wir laut Tagebuch schulfrei”. Am 16.12. ließ uns der Rektor zu seinem Geburtstag schon um 11 Uhr nach Hause gehen. Am 15.2.55 bekamen wir wegen Schneefalls keine Schularbeiten auf, und am nächsten Tag endete der Unterricht wegen des Karnevals wiederum um 11 Uhr. Wiederholt hatten wir ohne Angabe von Gründen schon um 10 Uhr schulfrei, dies in den Monaten vor der Zulassungsprüfung fürs Gym­na­si­um! Womöglich wurde Herr Schneiders schon damals vormittags zu Sitzungen des Oberhausener Stadtrats abgeholt.


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