Quellen: www.txgenweb.org/postcards/huntsville.html www.txprisonmuseum.org/giftshop.html
Eine
Nebenstrecke quer durch Wald- und Hügellandschaften führt uns
zuletzt durch die Ortschaft „Cut and Shoot”, die ihren
gewalttätigen Namen nach einem fanatisch
ausgetragenen religiösen Zwist erhielt. Am Conroe-See biegen
wir nördlich auf den Interstate 45 ein und machen bald
Halt in Huntsville. Für die Hinrichtungsstätte
im hiesigen Staatsgefängnis mußten dessen Insassen
in den frühen 1920er Jahren eigenhändig ein Exemplar des von Thomas
Edison miterfundenen Elektrischen Stuhls erbauen. Sie gaben
ihm den auch in anderen Bundesstaaten üblichen Spitznamen
„Ol<d> Sparky”, vermutlich eine
Galgenhumorbildung aus „sparky” in
den Bedeutungen „Funken sprühend” und „Spastiker” (womit das
bei dieser Art der Exekution oft krampfhaft zuckende
Opfer gemeint sein soll). Seit Wiedereinführung der Todesstrafe 1976
werden in Huntsville die zum Tode Verurteilten
nur noch mit der Giftspritze hingerichtet. Daß es in den 25 Jahren
seitdem annähernd 500 Delinquenten waren, mehr
als in den übrigen Staaten der USA zusammen, liegt nicht
zuletzt an der Vergeltungsmentalität der texanischen
Justiz. Während in jenen Bundesstaaten
durchschnittlich zwei Drittel der Todesurteile durch
Berufungsgerichte wieder aufgehoben
werden, sind es in Texas gerade einmal drei Prozent.
Wir
suchen das „Texas
Prison
Museum” auf, das in der Innenstadt unweit des Gefängniskomplexes
liegt. In einer trügerisch musealen, der
Gegenwart wie entrückten Atmosphäre präsentiert man hier
neben dem ehemaligen Hinrichtungsstuhl auch
Ausbruchswerkzeuge oder
mörderisch zugerüstete Waffen der Häftlinge sowie Trophäen
wie die Gewehre des erschossenen texanischen
Gangsterpaares Bonnie Parker und Clyde Barrow. Barrow ließ sich
zu Beginn seiner Laufbahn in den frühen 1930er Jahren von einem
Mithäftling mit der Axt zwei Zehen abschlagen, um nicht länger auf
der Gefängnisfarm von Huntsville Baumwolle pflücken
zu müssen. Trotz einiger Videos mit Interviews von Tätern und
Hinterbliebenen der Opfer sowie einer Bastelkollektion
der Insassen bleibt das Ganze weithin eine
effekthascherische Zurstaustellung; die so lange und auch in Texas
erbittert geführte Debatte
über die Todesstrafe wird nicht weiter ernstgenommen. Statt dessen
der gewisse peinliche Humor in der Museumsboutique,
mit einigen Souvenirs scherzhaft so zu tun, als würde der Besucher
selber (bald) zu den Häftlingen gehören. Ein
pseudosolidarischer Akt, der
sich ebenfalls vor der Diskussion über die Barbarei
der Todesstrafe drücken will.
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