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Karikatur der „Armadillo World Headquarters” um Willie Nelson





AUSTIN, ausschwärmende Fledermäuse bei der Congress-Ave-Bridge
Quellen: www.truetalkblog.com/truetalk/2007/06/snappy_sayings.html  http://365thingsaustin.com/wp-content/uploads/bat-watching-austin.jpg 
http://2.bp.blogspot.com/-lD3ZMNx0NuQ/TXOT_cLnjSI/AAAAAAAABlY/4l3XZfMo2OM/s1600/1106_l.jpg


Am Nachmittag erreichen wir die Halbmillionenstadt AUSTIN, die in ihren Anfängen Waterloo hieß. Von Mirabeau Napoleon La­mar, dem Prä­si­den­ten der jungen Republik Texas, er­hielt sie 1839 anstelle jenes für ihn ominösen Namens den des früh­ver­stor­be­nen ersten te­xa­ni­schen Au­ßen­mi­ni­sters. Daß sich Austin bis heute als Hauptstadt von Texas gehalten hat, mag ver­wun­dern, da die immer wieder durch­bre­chen­de ei­gen­wil­lige bis an­ar­chi­sche Mentalität atypisch für Texas ist. Die ge­gen­wär­tig her­vor­ste­chende Geisteshaltung ist die des „Sla­ckers”, der sich möglichst mit Witz und Chuz­pe kon­ven­ti­o­nel­len Lebenszielen ent­zieht. Aty­pisch ist eben­so die musisch-intellektuelle Doppelgestalt dieser Stadt. An den mu­si­ka­li­schen Nu­kle­us um Ja­nis Jop­lin, Steve Ray Vaughan und die gegen Nashville gerichtete „Outlaw Country Music” von Willie Nelson ha­ben sich in den letz­ten Jahr­zehn­ten hun­der­te von Bands grup­piert, die Abend für Abend in den Bars und Clubs im Umkreis der 6. Straße auf­tre­ten und Au­stin den Ruf „Live Mu­sic Capi­tal of the World” ver­schafft haben. Ebenso haben sich seit En­de der 1950­er Jahre über 500 Com­pu­ter­fir­men um die hie­si­ge „University of Texas” gelagert, die neben ihrer intellektuellen Reputation eine im­mer noch sehr er­gie­bi­ge ei­ge­ne Öl­quel­le be­sitzt. Zu ihren No­bel­preis­trä­gern ge­hört der Astro­physiker und Philosoph Steven Wein­berg, der mit­ten in Te­xas dem Christentum die Stirn bie­tet, das für ihn wie je­de an­de­re mo­no­the­isti­sche Of­fen­ba­rungs­re­li­gi­on un­vermeidlich eine fundamentalistisch-gewalttätige In­to­le­ranz be­gün­stigt. Zu dem texanisch-christ­li­chen Fun­da­men­ta­lis­mus ha­be ich wei­ter un­ten - beim Be­such von Huntsville - noch einiges an­zu­mer­ken.

   Unser Hotel liegt am Colorado River, der auf dem Plateau des Llano Estacado entspringt und hier im Stadtinnern zu einer Seen­land­schaft auf­ge­staut wurde. Eine halbe Stunde vor Son­nen­un­ter­gang gehen wir hinüber zur nahen Congress-Avenue-Brü­cke, auf de­ren umliegenden Wie­sen und Hü­geln sich schon hunderte von Schaulustigen eingefunden haben, et­li­che auf De­cken hin­ge­la­gert und hier und da beim Pick­nick. Sie warten wie wir auf den An­bruch der Däm­me­rung, zu dem hier ein ein­zig­ar­ti­ges Schau­spiel anhebt, der Ausflug von schät­zungs­wei­se 1,5 Mil­lio­nen Fle­der­mäu­sen. Bei der Re­no­vie­rung dieser Brü­cke hat­te man näm­lich ihre Unterseite mit schmalen Schlitzen versehen, die bald von den Fle­der­mäu­sen als ide­a­le Schlaf- und Brut­stät­ten ent­deckt wurden. Es sind meist weibliche Exemplare der in jedem Frühjahr aus Zen­tral­me­xi­ko her­über­kom­men­den Frei­schwanz­fle­der­maus (Ta­da­ri­da bra­si­li­en­sis), die hier im Juni ihre Jungen austragen und mit ihnen im No­vem­ber wie­der zu­rück­flie­gen.

   Auf einmal ist es so weit, begleitet von einigen Aufschreien quellen dunkle Schwärme unter der Brücke hervor, rauschen her­an und steigen bald lan­gen Rauchsäulen gleich auf und nie­der. Die ersten Schwärme jagen noch in unmittelbarer Nähe der Brü­cke über un­sere Köpfe hin, mit­un­ter im wil­den Zick­zack-Kurs und mit dem flappenden Geräusch von Boots­se­geln. Dann ver­lie­ren sich die Zü­ge bis weit ins Landesinnere hin­ein, um pro Nacht un­ge­fähr 10.000 Ki­lo­gramm In­sek­ten zu vertilgen. Nach un­ge­fähr ei­ner halbe Stunde ist das Schau­spiel be­en­det.

 

Wir fahren noch an Austins „Strip” auf der 6. Straße entlang. Als ich vor einem Live-Musik-Club endlich einen Parkplatz er­wi­sche und das Pro­gramm erkunden möchte, werde ich so­gleich höflich darauf aufmerksam gemacht, daß dieser Platz für ei­nen bald auf­tre­ten­den Musiker re­ser­viert ist. Nun, so soll es denn für heute genug sein, dieser Reisetag hatte es wirk­lich in sich.

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