Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Colorado_River,_Grand_Canyon.jpg
Der
erste Anblick kann wirklich unsere Fassungskraft übersteigen. Der
Mensch wird hier mit einem Jahrmilliarden alten
erdgeschichtlichen Prozeß konfrontiert, an
dem er mit seinem Schicksal nie teilgenommen hat. Die Stammscheibe
einer 2000jährigen Sequoia zeigt uns
wenigstens noch gattungsgeschichtlich eingebunden;
hier aber sind die jüngsten der noch erhaltenen
Sedimentschichten schon hunderte
Millionen Jahre vor dem Menschen entstanden, und die
darunterliegenden reichen bis zu dunklen,
von Granitadern durchsetzten Schieferschichten, die
1,7 Milliarden Jahre alt sind und den trefflichen Namen
Vishnu-Gebirge tragen. In den altindischen
Veden ist Vishnu der die Welt erhaltende Gott, der im Ozean auf
der vielköpfigen Weltenschlange ruht. So in etwa ist es hier vor
Urzeiten zugegangen, als über das
Vishnu-Gestein Ozean nach Ozean über das Land hinwegging und
seine Ablagerungen hinterließ, die durch Erosion
teilweise wieder abgetragen wurden. Erdzeitalter für
Erdzeitalter folgten die diversen Sandstein- und
Kalkschichten aufeinander, zu denen noch vulkanische
Ablagerungen hinzukamen. Am auffälligsten ist eine
über 200 Meter dicke rote Kalksteinschicht, die vor ungefähr
325 Mio. Jahren aus Skeletten vom Meeresorganismen entstand; die
heutige Deckschicht ist überwiegend 225 Mio. Jahre alt, die
darüberliegende Sedimentschichten sind also durch
Erosion verschwunden. Das jetzige
Kaibab-Plateau mit dem Grand Canyon und Colorado
in der Tiefe ist noch relativ jung; erst nachdem es einmal durch
tektonischen Druck um ca. 2000 Meter angehoben wurde,
begann der Colorado – vor 17 oder gar erst 5 Mio. Jahren
– dank seines enorm erhöhten Gefälles sich Schicht um Schicht bis
hinunter in das Urgestein durchzugraben,
1600 Meter tief.
Erschütternd
sind außerdem die riesigen Verluste an Gebirgsformationen, die im
Lauf der Zeit einfach – Pardon! – vom „Zahn der Zeit”
weggefressen wurden. Hinwiederum zeigt
das Treppenprofil die unterschiedliche Widerstandsfähigkeit des
Gesteins und auch die unterschiedliche Härte des Gerölls
an, das der reißende Colorado mit sich führte.
„Kaibab”,
das heißt „Der
Berg der daniederliegt”,
war die indianische Bezeichnung für das dann von den
Spaniern „Grand Canyon” genannte Terrain.
Der
tiefe Canyon ist zu einer Barriere für die Verbreitung bestimmter
Tiere geworden. So kommt nur auf dem Plateau die
Eichhörnchenspezies Kaibab Squirrel
vor, die das umliegende Wüstengebiet nicht durchqueren konnte und in
der Nahrung von den hiesigen Ponderosa-Pinien
abhängig wurde.
- 29 -