Jener
wie höhnische Vogelruf war eine Antwort auf das Wort ZUHAUSE, das
Julia schon von ihrer Mutter als Trost vernommen
hatte („...alles wird gut werden”). In John Fords Odyssee ist es
das Sehnsuchts- und Erlösungswort für Debbie und
Mart. In Frage gestellt wird es erst gegen Ende der Suche, mit den
ersten Worten der wiedergefundenen Debbie:
„Ich erinnere mich. Ich hab nichts vergessen. Ich habe gebetet, daß
du kommst, daß du mich nach Hause holst. Aber du bist nicht
gekommen.” „Aber jetzt bin ich gekommen!” Debbie: „Das
ist mein Volk ... Geh, Martin, bitte!” Die Konsequenz,
daß Debbie wie die spanische Frau in John Fords späterem Film
,Cheyenne Autumn’ mit den Indianern weiterziehen
kann oder daß der sogleich dazustoßende Ethan sie erschießt
oder von Mart erschossen wird, wird in ,The Searchers’
nicht gezogen, wäre doch sonst der Spannungsbogen des
Films zerbrochen – anders als im Roman, dessen
perspektivische, alles beseelende
Zentralfigur Mart ist und in dem Amos/Ethan von
einer Squaw erschossen wird, ohne daß dies noch weiter
kommentiert werden müßte. Ford hat denn auch
Schwierigkeiten, Ethans Sinneswandel
plausibel zu machen; dessen kleiner Triumph, die
Skalpierung des von anderen getöteten Scar, ist
dafür längst nicht zureichend. Das psychologische
Defizit kompensiert Ford durch eine poetische
Erinnerungsgeste, indem Ethan die vor der Höhle zu
Boden Gestürzte wie einst das Mädchen – bei der
Begrüßung im Blockhaus – emporreißt und in die Höhe
streckt. Debbie wiederum, nun in Ethans Armen
fortgetragen, erliegt dem Zauber dieser märchenhaften
Regression und schlingt ihre Arme um ihn, als er erklärt:
„Wir gehen nach Haus, Debbie.” Die Schlußsequenz
des Films mit dem Heranreitenden, mit der Aufstellung von
Laurie, ihren Eltern und Mose im Schaukelstuhl nimmt wieder
in etwa (seitenverkehrt gezeigt) die Anfangseinstellung
für die Veranda vor Marthas Haus auf und erscheint
vollends als Restitutio in integrum („alles wird gut
werden”), wenn Ethan die immer noch wie ein Kind Getragene bei
Lauries Eltern absetzt. Führen die beiden sie ins
Haus, zieht sich die Kamera vor ihnen ein Stück weiter ins
dunkle Hausinnere zurück und gibt diese wie endlich
gesicherte Stellung nicht mehr preis. Ethan macht noch den Weg für
Mart und Laurie frei und schaut ihnen nach; er verharrt auf
der Veranda und umfaßt derweil seinen rechten Ellbogen.
Wie zu Beginn des Films ist in diesem Moment ein stärkerer
Wind aufgekommen; durch die Türrahmung ist
schließlich noch zu sehen, wie Ethan sich umdreht und
davonschreitet, bis die Tür rasch von Innen her
zuklappt und alles in Dunkelheit hüllt.
Ethans
letzte Gebärde erinnert noch einmal an seinen Verlust, an Martha,
ihren Arm und gewisse Armgebärden zwischen beiden.
Zugleich, wie überliefert wird und sich leicht verifizieren
läßt, ist diese Gebärde eine Fordsche Erinnerung
an die Lieblingsgeste seines frühen Freundes, des
Schauspielers Harry Carey (sen.), der an die 30 Filme mit
ihm zusammen machte und 1947 starb.10
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