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Nym­phen­grot­te (,Mar­ma­ro­spi­lia’) bei Vahti; Eingangsbereich und Lichtloch

 


Oben grünt am Gestad' ein

   weitumschattender Ölbaum.

Eine Grotte, nicht fern von dem

   Ölbaum,lieblich und dunkel,

Ist den Nymphen geweiht, die

   man Najaden benennet.

Steinerne Krüge stehn und

   zweigehenkelte Urnen

Innerhalb; und Bienen bereiten

   drinnen ihr Honig.

Aber die Nymphen weben

   auf langen steinernen Stühlen

Feiergewande, mit Purpur ge-

   färbt, ein Wunder zu schauen.

Unversiegende Quellen durchströ-

  men sie. Zwo sind der Pforten:

Eine gen Mitternacht, durch wel-

  che die Menschen hinabgehn;

Mittagwärts die andre geheiligte:

   diese durchwandelt

Nie ein sterblicher Mensch; sie

   ist der Unsterblichen Eingang.

(13. Gesang der 'ODYSSEE',

103-112; J. H. Voß)

Quellen: http://de.travello.com/f/p/2010/07/04/37691.l.jpg    www.flickr.com/photos/aboyatzis/6128177208/


Die. 19.8.97:

 

An diesem vorletzten Tag auf Ithaka machen wir uns auf den Weg nach Vathi zur Nym­phen­grot­te, der Höhle, in der Odysseus bei sei­ner Rück­kehr auf Athenes Rat hin den Schatz der Phä­a­ken ver­steckt ha­ben soll. Um für den Rück­weg noch den letzten Bus des Ta­ges zu be­kom­men, der schon gegen 11 Uhr morgens von Vathi aus zu­rück­fährt, fah­ren wir in Fríkes gegen 7 Uhr früh mit dem Bus los und er­hal­ten statt des Frühstücks ein Pick­nick-Pa­ket mit auf den Weg. Der Fah­rer, der zunächst einige nördliche In­sel­dör­fer an­steuert, nötigt zweimal ein ent­ge­gen­kom­men­des Fahr­zeug zum Zurücksetzen. Einige Ki­lo­me­ter vor Vathi setzt er uns an ei­nem Sei­ten­weg zur Grot­te ab. Ei­ne Drei­vier­tel­stun­de geht es nun leicht bergan, weithin zwar durch Oli­ven­hai­ne und bei be­wölk­tem Him­mel, aber be­schwer­lich genug. Uns begegnet nur eine Frau, die Fut­ter schneidet. Bei der Grotte er­war­tet uns ein äl­te­rer Mann mit drei jungen Helfern und bit­tet uns, noch ei­ni­ge Minuten zu warten, bis der Ge­ne­ra­tor die Grot­te zu be­leuch­ten ver­mag. Der jün­gste der Assistenten führt uns dann eine eiserne Wen­del­trep­pe hin­un­ter. Die­se auch ,Mar­mor- oder Stein­höh­le’ (,Mar­ma­ro­spi­lia’) genannte Tropfsteinhöhle ist ungefähr 20 Me­ter breit, bis zu zehn Me­tern hoch und sehr un­eben; hoch droben ist ein klei­nes Licht­loch zu se­hen, das mit dem iden­tisch sein soll, das in der ,Odys­see’ als Eingang für die Götter be­zeich­net wird. Die Grot­te liegt frei­lich 180 Me­ter über dem Mee­res­spie­gel und wäre, wie man schon be­merkt hat, fürs Her­an­schleppen von Schät­zen weit we­ni­ger ge­eig­net als die genannte Höh­le in der Po­lis-Bucht von Stáv­ros. – Beim Hin­­aus­tre­ten ins blen­den­de Ta­ges­licht ge­be ich ver­se­hent­lich einem an­­de­­ren der Jünglinge das Trinkgeld; die beiden werden sich hof­fent­lich ar­ran­gie­ren.

   In dem entlegenen Hain verbringen einige italienische Familien in Holz­häus­chen mit Ge­ne­ra­tor ih­ren Urlaub. Über­haupt sind es über­wie­gend Italiener, die wir als ausländische Be­su­cher hier und auf der Pe­lo­pon­nes be­mer­ken, wäh­rend sich Franzosen, Eng­län­der und Deut­sche bei­na­he nur an Stätten wie Olympia und Mykene ein­fin­den, nicht sel­ten vermutlich aus Lan­ge­wei­le an ih­ren Ba­de­strän­den. – Am Ran­de des Olivenhains läuft ein von mir so nie ge­se­he­ner ka­pi­ta­ler Tau­send­füß­ler über die Straße hin; als ich ihm mit dem Fuß den Weg ver­sper­re, klet­tert er so­fort und un­er­war­tet behende über den Schuh hin­weg in Richtung Ho­sen­bein: Nur mit kräf­ti­gem Bein­schwung kann ich ihn eben noch ab­schüt­teln!


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