Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Zikaden
Sa. 16.8.:
Heute
machen wir uns auf den halbstündigen Weg nach STAVRÓS, dem
Hauptort Nordithakas und unserem Hauptfavoriten
für den einstigen Palast des Odysseus. Wiederholt setzen wir
uns auf einen Mauervorsprung, denn die Straße steigt
ungewohnt steil an. An einem Ölbaumstamm
entdecken wir drei uns unbekannte kleine Lebewesen;
sie scheinen ausgeweidet zu sein, doch sind die
Füßchen fest in die Borke verkrallt. Schlupfwespen, die
ein Vogel oder eine Katze überrascht hat? Nein, es dürften
Zikaden gewesen sein, wie uns später jemand versichert. Vermutlich
waren es die nach der Schlüpfung zurückgebliebenen leeren
Hüllen (Exuvien); anstelle dieser auffällig leuchtenden Farbe haben
so die Zikaden ihre grünbraune Tarnfarbe
erhalten. In Stavrós können wir dann neben der Odysseus-Büste
etliche dieser Sänger in vivo beobachten.
Zunächst
suchen wir das kleine Museum einen Kilometer nördlich des
Dorfes Stavrós auf. Es wurde vor einem guten halben
Jahrhundert eben dort errichtet, wo der englische Archäologe William
M. Leake schon um 1835 den Palast des Odysseus vermutet
hatte. Dafür oder zumindest für Stavrós scheint zumindest die
gute Sicht auf die druntenliegende Polis-Bay zu sprechen,
in einer klug beibehaltenen Entfernung, wie wir dies später
ähnlich für Nestors Palast in Pylos registrieren werden.
Ansonsten gibt es, wie bekannt, für Ithaka eine zweite
Haupthypothese. Sie vertrat u.a. Schliemann, der schon bei
seinem ersten kurzen Ithaka-Besuch von 1868 auf dem Berg Aetós
(am Isthmus) den Palast vermutete und sich 1878 nach erfolglosen
Grabungen im Norden Ithakas zunehmend sicherer
gab, daß es jener knapp 400 Meter hohe Berg gewesen sein
müßte. Man hat beiden konkurrierenden Hauptthesen vorgeworfen, daß
die Homerische Beschreibung Ithakas nicht auf die Insel dieses
Namens und eher auf die Geographie ionischer Nachbarinseln
passe. Wogegen wiederum jeder Literaturkenner
einwenden muß, daß Homer kein Reiseschriftsteller mit
geographischen Detailkenntnissen war und
sein wollte.
Die
bemerkenswertesten Funde, die das kleine Museum auf diesem
Pelikata-Hügel
ausstellt, sind sicherlich die Reste von bronzenen
Dreifüßen aus dem 9. oder 8. Jh. v.Chr., die man in einer
überfluteten Höhle der Polis-Bay ausgrub und vor allem
das ebenfalls dort entdeckte, auf das 2. Jh.v.Chr. datierte Fragment
einer Tonmaske mit einer eingeritzten Weihung für Odysseus
(EYXHN OΛYΣΣΕΙ). – Im Gästebuch hinterlasse
ich einen verschlüsselten Gruß an einen befreundeten
Odysseus-Verehrer, den ich in den nächsten Tagen auf
der Peloponnes wiederzusehen hoffe.
Jene
Weihe-Inschrift hat man auch der modernen Odysseus-Büste in dem
kleinen Park von Stavrós gegeben. Sie ist gut postiert,
denn man kann von hier auf die Polis-Bay hinunterschauen. – Beim
erfrischenden Café frappé und dazugereichten
Wasser sitzen wir noch eine Zeitlang an der Dorfstraße.
Direkt vor uns wird Gemüse auf einem abenteuerlich
beladenen Pickup angeliefert; niemand bückt sich
nach der heruntergefallenen großen Zwiebel.
An einer benachbarten Wasserstelle werden Flaschen
aufgefüllt, und der Frisör schlendert derweil auf
und ab.
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